Doc's Diary Vol.6 - Doc goes Zen (1)

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doc steel
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Doc's Diary Vol.6 - Doc goes Zen (1)

Beitrag von doc steel »

Ich hab Weihnachten mit all seinen negativen Begleiterscheinungen wie Einkaufen, Punschstandelsaufen, es wird scho glei dumpa-Singen und nervigen Horsti-Attacken gut überstanden.
Das neue Jahr hatte vorausschauend gute Chancen ein Gutes zu werden.
"Lass dich überraschen" hat der selige Rudi Carell gsungen...schau ma mal.

Ein bekannter österreichischer Poet und Wiener Zuckerl Manufaktur-Erbe hat einmal den schönen Satz gesagt:
In jedem von uns wohnt eine alte Landkarte.
Gut, in vielen die ich kenn, wohnt a ausgwachsene Gastritis, a solide Angina pectoris oder zumindest a ernster Ansatz von geistiger Umnachtung aber a alte Landkarte nedamal dann wenns vorher in Hauptschulatlas gfressen hätten. Die ich kennenden Menschen - das is jetzt a sehr gewagter Satzanfang - kunnterten mit sowas auch gar nix anfangen. Und das heisst jetzt nicht dass die explizit blöd sein müssen, nein, sie "hams" einfach nicht. So wie man ein Talent zum Betrieb musikerzeugender Gerätschaften entweder hat oder nicht hat.
So ist das auch mit der einem innewohnenden Landkarte gemeint.
Schau, in mir zum Beispiel, so sag ich immer, wohnt eine zweite, eine slawische Seele.
Ich merk mir slawische Namen um vieles besser als deutsche und tu mir mit tschechisch, polnisch und kroatisch leichter als mit portugiesisch oder spanisch.
An den Herrn Postrihač in der Arbeitsvorbereitung und an den Herrn Bržobohate aus dem Papierlager kann ich mich immer noch gut erinnern, genauso wie an den alten Sžtupavsky der mit Vornamen Gržegorz geheissen hat. Ich weiss sogar noch wie man die Namen geschrieben hat. Alles drei Leute mit denen ich in meiner ersten Ferialpraxis in einer grossen Druckerei zusammengearbeitet hab. Ein paar andere Gesichter hab ich auch noch im Kopf...aber ob die jetzt Maier, Müller oder Huber geheissen haben...Novotny war der eine jüngere, aber gut, wenn man Novotny heisst, darf man bei mir noch mitspielen.
Das ist jetzt auch schon 37 Jahre her.
Lachts nicht über deren Namen, das sind "echte" Österreicher mit Wurzeln in den k.u.k. Kronländern.
Ich tät auch gern einmal Urlaub im ehemaligen Pommerland - das ehemals abgebrannte aus dem "Maikäfer flieg"-Lied - machen. Die Kurische Nehrung sehen und alte Menschen kaschubisch sprechen hören.
So einen Hang hab ich, sowas wohnt in mir.
Womit wir wieder bei der alten Landkarte wären.

Und warum ich euch das erzähl?
Weil in mir noch etwas wohnt, das verdient endlich geweckt zu werden.
Dazu muss man allerdings die Zeit das Ihre erledigen lassen, denn dazu ist ein gewisses Maß an altersbedingter Reife notwendig, weils sonst nicht funktioniert.
Es ist meine Suche nach einem inneren Ort der Ruhe, wömöglich auch nach a bissl Erkenntnis, vielleicht sogar Erleuchtung....warat ned schlecht.
Sicher, i kunnt auf an Berg gehen. Manche behaupten, dass des wirkt. Ich behaupt, dass die an Senitivitätsmangel ham und ihnen der Blick für das Wesentliche fehlt. Weil um zu dem Berg zu gelangen müsst i mi mit der vermaledeitn Autokraxn zwischen an haufen Selbstmörder auf der Autobahn durchwurschteln. Wär i dann dort halten mich Wegelagerer auf die ma €80,- für die automobile Benützung von 5km Schotterweg rauben. Interessant wär zu wissen was passiert wenn i mi ned ausrauben lass und flücht...ob's mi dann einfangen und am nächsten Baum aufhängen? Zuzutrauen wärs ihnen.
Oben angekommen würde ich erneut von vier gleichzeitig einparkenden Autobussen, welche die Mitglieder des montenegrinischen Touristenverbands aussteigen lassen behindert. Aussteigen tun prinzipiell alle gleichzeitig, schliesslich samma ja endlich da. Dass sie mindestens so orientierungslos und aufgscheucht wie a ganzer Hendlstall in den'st a Packl Schweizerkracher haust sind, müsste mir dann wurscht sein.
Drei Omas im schätzungsweisen Gesamtalter von 298 Jahren entblößen notdürftig Ihren weissen Halbmond hinter ein paar anderen Autos. I krieg also quasi a Gammelfleisch-Peepshow aa no aufs Aug druckt. Die ganze Aussteigerei könnt eigentlich scho lang vorbei sein, hätten si ned drei Pensionäre im Ausstieg mit ihre Haklstecken gegenseitig zwischen die Haxen verheddert und so an quasi in Zeitlupe stürzenden, gordischen Knoten im Ausstieg und im nassen Schotter davor verursacht.
In dem Knödel gibts an botzn Bahöö, schuld dran sind jeder und alle, während daneben und rundherum schadenfrohe Heiterkeit herrscht und die grösstn Oaschlecher des sogar fotografiern...wie si der Opa im Dreck wutzelt.
Irgendwann würde sich auch das auflösen, sodaß zwei andere Busse, der eine aus Vierden a.d. Wümme und der andere aus Grevenbroich ihren Platz einnehmen können. Die Orte gibts tatsächlich! Allein dem Namen nach ist von dort sicher beste Sicht auf den Arsch der Welt! Bevor die sich ihres Inhalts entledigen, zwängte ich mich schnell durch, das Risiko in Kauf nehmend mich mit einer montenegrinischen Kühlerfigur einzuparken, aber nichts dergleichen würde geschehen, alles wäre gut.
So, Raubritter erledigt, Parkplatz erledigt, also könnte rein theoretisch die Suche nach der Erkenntnis, Erleuchtung oder zumindest nach innerer Ruhe fortgesetzt werden.
Der Weg ist das Ziel lehrt uns das fernöstliche Gedankengut.
Ok, ois wos weit weg is muss bei uns ned unbedingt gut sein, nur weils von weit her kommt.
Es hat ja irgendwie an Sinn dass des weit weg und ned do is.
Owa naa, ich hatsch tatsächlich auf den Berg der Erleuchtung, auf die Hohe Wand.
Cho Oyu, K2 oder Nanga Parbat für konditionell minder bemittelte und Oarme quasi.
Wie i so vor mi hin hatsch, hab ich plötzlich a Erleuchtung. Nämlich dass des mit der Erleuchtung ned so hinhaut, bestenfalls mit der Beleuchtung. I hab nämlich mittlerweile an Sonnenbrand am Hirn, weil i mei Kappl im Auto liegenlassen hab und wir dem Ozonloch sei Dank im Advent auf 1500m Höhe strahlenden Sonnenschein bei wolkenlosen Himmel und 18° ham!
Des erklärt auch warum uns a paar Wanderer in der Kurzen, fröhlich "n' Tach auch!" grüssend und mit an blunzenroten Zwiefel entgegengekommen sind.
Die san nimmer englisch, de san scho fast durch!
Ok, ka Erleuchtung aber immerhin a Erkenntnis. Vielleicht fangen die ersten Schritte zur Infinite Flame of Wisdom ja so an....wos was i!
Schliesslich erreich ich an Tempel der Einkehr, genauer gesagt a Berghütte.
Heraussen, wegen der vorhin erwähnten Ozonloch-Konsequenzen, ist alles voll, ka Sitzplatz frei.
I kunnt mi auf an Staa setzen und verkühlen oder Hämo's kriegen oder alles beide.
Vielleicht is des a Prüfung?
Die Buddherianer sabbeln ja ständig was von irdischen Leiden daher und dass des ois so Oasch is auf der Wööd und dass nur auf die Erlösung warten damits 's Nirvana erreichen..... ja dann daschiass di endlich du Trottel, du Ohgscherter!
Da geht ma glei die Gall' über bei so viel Suderei!

OOOMMM, OOOMMMM, OOOMMM.....kum owa Doc, mir san da ned auf ana Survival Tour sondern am Pfad der Erleuchtung.
Owa naa, des derffms ned, si daschiassn oder sonstwie entleiben, weil sonst erreichens ned 's Nirvana und wern nur als niederes Lebewesen, als Wurm reinkarniert auf den bei erschtbester Gelegenheit a Elefant steigt...oder gar nur als Fleck aufm Gwand von an Kesselflicker!
Des hasst also, theoretisch scheissts an Buddhistn eine bis er gstorben is... und dann is no ned sicher.
Oiso eh aa wie bei uns, nur weider weg halt.
Wie i mi so nach an Platz an der Sonne umschau, wird nem mir was frei und i ruck glei eine.
"Griass eich Burschen" sag i artig und lach in fünf sehr blonde Gsichter.
"Goedendag ouch!" grinsen die fünf zruck.
"Wos is...?"
"Goedendag ouch...weer siijn ous Holland, wisse sie?!" klärt mi der Blondeste, a bissl a stichelhaariger auf.
"Asooo...ja, und i hab glaubt..ah, aus Holland...sehr interessant..." geh leck, denk i ma, des is wirklich a Prüfung.
Hätt i mi nur verkühlt auf an Staa...gegen des hätt i daham was ghabt. Aber da...da bin i wehrlos!

Nach der üblichen Konsumation von Schmalzbrot, Most und an Schnaps zum hintnach schmeissen verlass ich Holland, Grevenbroich, Vierden a.d. Wümme und Montenegro und wende mich dem eher heimatlichen Neunkirchen zu, wo der K2 für Arme bezirksverwaltungstechnisch ja dazugehört.
Um den vorgenannten Besuchern im Besonderen und Menschen überhaupt zu entgehen, verlasse ich die ausgetretenen Wege und geh nur mehr dort wo's nach tierischen Fährten aussieht.
Nicht lang danach erreiche ich eine Felskante, die in der Sonne liegt und von wo ich einen wunderbaren Ausblick auf die Alpenausläufer habe. Ich bin allein, es ist still und es ist warm. Beste Voraussetzungen also zu bleiben.

Nach einer längeren Weile, ich habe keine Uhr mit und es is mir auch wurscht obs jetzt lang, sehr lang oder urlang gedauert hat, habe ich nervlich und seelisch auf Standby geschaltet.
Ich hab es geschafft einen anderen Level, einen höheren, zu erreichen.
Den nehm ich mir jetzt mit und werde ihn bewahren so lange es geht. Vielleicht schaffe ich es sogar, diese erste, höhere Ebene gegen jene die ich verlassen habe dauerhaft auszuwechseln.
Nie mehr sollen mich Horst'sche Eskapaden, verstopfte Autobahnen, einkaufswütige Ostvölker an Samstagnachmittagen in diversen Tempeln des Mammon, zu deutsch Sarajevo City Süd oder ähnlichen Einrichtungen, stupide Verhaltensweisen im Allgemeinen und die meines Nachbarn im Besonderen mental destabilisieren können.

Doc goes Zen
Dies wird so still und ruhig von statten gehen, dass obiger Satz kein Rufzeichen verdient, genaugenommen nicht einmal einen Punkt, weil ein Punkt ja ein Ende markiert und meine seelische Wanderung ein solches nicht haben soll.
Eigentlich sollts ja nicht verwunderlich sein, dass mir der erste Schritt zur Ruhe hier trotz aller Widrigkeiten geglückt ist. Ich hätte ihn genausogut auf der Stiege vom Spar in Mitterndorf an der Fischa oder auf einer Kreuzung zweier namenloser Feldwege im Marchfeld erleben können, hätte ich das so vorgehabt und vor allem auch gewollt.
Das weiss man aber immer erst nachher.
Wobei, Kreuzung zweier namenloser Feldwege im agrarischen Nichts is scho wieder nimmer so gut, weil es is des Nix ja eh scho da. Des erfordert weniger Überwindung.
Cool wär des Ganze am ersten Einkaufssamstag auf der Mariahilfer Strasse durchzuführen.
Wer das schafft is eigentlich eh scho a hardcore Zen-Jünger.
Ich werde alles bisherige, das mich aus der Fassung bringen konnte registrieren, bestenfalls als gegeben hinnehmen, in jedem Fall aber in einem namenlosen Tiefspeicher als quinta essentia einer Erfahrung ablegen, wo sich die wertlosen Reste selbständig löschen.
lg,
Doc
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Vorsicht Pensionist! Kann alles, weiß alles und hat viel Zeit zum drüber reden!
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