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Einer hat direkt versucht mir zu helfen, ein Anderer indirekt. Danke an euch beide, ihr erkennt eure von mir paraphrasierten Gedanken sicher in manchen Absätzen wieder. An alle Anderen, sofern sie es gelesen und ignoriert haben: Es war nicht unwichtig, erst recht nicht viel verlangt und wäre wesentlich weniger aufwendig gewesen, als all das, was ich hier regelmäßig aufarbeite. Leider liegt mir auch persönlich etwas an der Sache und ich liefere deshalb erneut Input, wenn auch mittlerweile widerwillig: Mein Schreiben an die Abgeordneten des NR. Vielleicht lässt sich jemand inspirieren oder sogar animieren.
Sehr geehrte Frau Abgeordnete zum Nationalrat,
Sehr geehrter Herr Abgeordneter zum Nationalrat,
im Hinblick auf den am 11.04.2024 veröffentlichten Entwurf zum Messertrage-Verbotsgesetz (MT-VG) möchte ich wie folgt Stellung beziehen.
Die Bundesrepublik Österreich besteht mit Stand 2022 aus 2.093 Gemeinden, davon 201 Stadtgemeinden, einschließlich der Stadtgemeinde Wien. In manchen dieser Stadtgemeinden, allen voran Wien, herrscht ein mittlerweile besorgniserregendes Maß an Gewaltkriminalität. Die Medien beschrieben sinngemäß, dass die Bürgerinnen und Bürger mit Messern und Macheten bis an die Zähne bewaffnet durch die Stadt ziehen. Gemäß der öffentlich kommunizierten Aussage von Innenminister Karner, kann ihm „ keiner erzählen, dass ich auf öffentlichen Plätzen mit Messern, die als Waffe dienen, bis zu den Zähnen bewaffnet unterwegs sein muss.“ Auch Bürgermeister Ludwig schließt sich stimmungsmachend an und meint, „er sehe wenig Gründe, mit einem Messer durch die Stadt zu spazieren“.
Abgesehen von der Tatsache, dass Taschenmesser seit jeher zur Alltagsausstattung sehr vieler Menschen gehören und mannigfaltigen Anwendungsbereichen abseits jeglicher Gewalt dienen, demgemäß grundsätzlich auch keine Waffen sind, außerdem im Regelfall bereits konstruktionsbedingt als „Waffe“ mehr Nachteile als Vorteile bieten (woran auch eine Möglichkeit der einhändigen Öffnung nichts ändert), soll nun das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden und erneut ein Verbot die Symptome behandeln, die im sozialen Bereich wurzeln. Doch selbst diese Symptombekämpfung kann nicht funktionieren, wenn sich doch gerade Menschen, die schwerwiegende kriminalstrafrechtliche Tatbestände verwirklichen, naturgemäß nicht an Verbote halten. Zudem die Verwirklichung derartiger Taten mittels Schraubenzieher u. dgl. genauso möglich sind. Derartige Verbote verfehlen damit in aller Regel das Ziel und machen lediglich die mit größtem Abstand überwiegende Mehrheit, nämlich die rechtstreuen Menschen, zum Kollateralschaden. Mit diesem überschießenden Gesetz soll also das Tragen eines Alltagsgegenstandes, eines Werkzeuges, zeitlich unbeschränkt und bundesweit für jedermann unter Androhung drakonischer Strafen verboten werden. Und dies in der lt. OECD Better Life Index fünftsichersten Stadt der Welt.
Die stark einzelfallbezogenen und elastisch interpretierbaren Ausnahmen, deretwegen man im Wesentlichen auf Gutdünken der kontrollierenden Beamten angewiesen ist, verkomplizieren die Angelegenheit außerdem und führen zum Gegenteil von Rechtssicherheit. Etwaige Beschwichtigungen, wie beispielsweise von Bürgermeister Ludwig hinsichtlich „Jausenmesser“, sind wertlos, da eine Verwaltungsbehörde im Anlassfall keine letztinstanzliche Entscheidung trifft und sich der Beschuldigte selbst im Falle einer Weisung der obersten zuständigen Behörde nicht ohne Weiteres rechtswirksam darauf berufen kann.
Insgesamt sehe ich in diesem Gesetzesvorstoß eine versuchte Umgehung des bereits in der Vergangenheit aus rechtlichen Gründen gescheiterten Vorhabens einer örtlich und zeitlich unbeschränkten Waffenverbotszone, wie sie u. a. von Bürgermeister Ludwig gefordert wurde. Die verfassungsrechtliche Situation ist in diesen Belangen seither unverändert. An dieser Stelle möchte ich daran erinnern, dass Gesetze zu jedem Zeitpunkt mit verfassungsrechtlichen Vorschriften im Einklang stehen müssen, weshalb eine penible Prüfung am Maßstab verfassungsmäßig subjektiv gewährleisteter Rechte zu erfolgen hat. Das konkrete Vorhaben berührt beispielhaft die Eigentumsfreiheit (eine Verunmöglichung zweckmäßiger Nutzung ist einer Enteignung gleichzusetzen und Taschenmesser sind für Situationen geschaffen, in denen man unterwegs ist), die Erwerbsfreiheit (Gewerbetreibende) und den Gleichheitssatz (Sachlichkeit und Differenzierungsgebot). Sowohl der Eignung, als auch der Erforderlichkeit, sowie der Verhältnismäßigkeit, kann dieses Gesetz im Zuge einer qualifizierten Prüfung wohl nur abenteuerlich standhalten.
Darüber hinaus weist der Entwurf selbst eine gravierende Systemwidrigkeit auf, die verwaltungsbehördlicher Willkür und Exzess die Pforten öffnet: § 1 (1) MT-VG normiert, dass das Tragen von Messern an öffentlichen Orten verboten ist. §1 (4) Ziffer 2 MT-VG erfasst eine Ausnahme dahingehend, dass ein Messer nicht getragen wird, soweit es sich nicht griffbereit in einem Behältnis verstaut befindet und dies lediglich dem Zweck dient, es von einem Ort zum anderen zu bringen. Diese Ausnahme wird als „Transport“ bezeichnet. In § 5 MT-VG findet sich nun die Systemwidrigkeit, da dieser normiert, dass ebenjene Behältnisse durchsucht werden dürfen, wenn der Verdacht besteht, dass man darin ein Messer bei sich hat. Im Ergebnis bedeutet dies, dass man verdächtigt wird, ein Messer bei sich zu haben, sobald man es „transportiert“, obwohl dieser „Transport“ erlaubt ist. Verwaltungsbehördliche Willkür ist damit programmatisch auf Ebene eines einfachen Gesetzes gestattet.
Die Bestimmungen zum Verfall entbehren ebenfalls jeglicher Sachlichkeit und Verhältnismäßigkeit. Sogar die „Rasertatbestände“ der StVO setzen qualifiziertes Zuwiderhandeln voraus, das sich erst durch das Schaffen gröbster Allgemeingefährdung verwirklicht und nicht bereits aufgrund von Generalverdacht. Doch selbst dabei werden vor dem Verfall noch Verhaltensprognosen normiert. Auch das Waffengesetz schreibt derartige Verhaltensprognosen und Verhältnismäßigkeiten vor. Gemäß dem Entwurf des MT-VG hingegen wird es bereits genügen, dass man ein Taschenmesser in der „falschen“ Tasche mitführt (Zugriffsmöglichkeit), oder sich nicht „ausreichend direkt“ auf direktem Weg befindet (lediglich von einem Ort zum anderen), um dieses für verfallen erklären zu können. Dies auch noch ohne eine Möglichkeit der Kontrolle des gesetzmäßigen Ermessens durch die Verwaltungsgerichte, da sich nicht einmal eine Prognoseentscheidung darin findet. Darüber hinaus beschwert die Beweislastumkehr einer im Anlassfall kaum zu beweisenden Tatsache das Vorhaben mit weiteren Bedenken.
Warum also sind die Strafen für mich als Sammler und Nutzer von Messern im Gegenwert von teilweise einigen hundert Euro aufgrund des Verfalls ungleich härter, als für jene Menschen, die mit billigen Alltagswerkzeugen hantieren? Im Falle von Sondereditionen wäre die Strafe des Verfalls unter Umständen sogar höher als die maximale Verwaltungsstrafe für Wiederholungstäter! Ich kann mir nicht vorstellen, dass die favoritener Messerstecher mit auch nur ansatzweise derartig teuren Messern unterwegs sind. Die „Lösung“, dass ich diese Werkzeuge im Alltag nicht mehr nutzen darf, weil diese Messerstecher, die sich sowieso von allerlei Verboten nicht beeindrucken lassen, damit Bluttaten begehen, bedeutet letztendlich eine „Strafe“ für mich.
Grundsätzlich ist dieser Gesetzesvorstoß ein von einer Diffamierungskampagne (siehe die obigen Zitate) flankierter Frontalangriff auf die Freiheitsrechte, der grundrechtlich äußerst bedenklich ist. Darüber hinaus existiert bereits eine zweckmäßige, bundesweite Handhabe der Polizei dahingehend, gefährliche Gegenstände aus dem Verkehr zu ziehen, jedoch ohne populistische Verbote, die das gesamte rechtstreue Bundesvolk zum Kollateralschäden werden lassen: §§ 39 und 40 (2), welche im Wesentlichen genau den Fall behandeln, dass gefährlichen Angriffen, einschließlich deren Vorbereitung (§ 16 (3) SPG), mittels Durchsuchung und Sicherstellung bei dringendem Verdacht effektiv begegnet werden kann. Und genau darum geht es doch bei der Bekämpfung von Gewaltkriminalität. Beziehungsweise sollte es darum gehen. (Nebenbei lassen diese Normen auch die Erforderlichkeit des § 39 b SPG in einem äußerst diffusen Licht erscheinen)
Nach eingehender Betrachtung dieses Gesetzesentwurfs, sowie der öffentlich kommunizierten Aussagen seitens der Politik und zwar unter all den bereits genannten Bedenklichkeiten, hat dieses Vorhaben wohl einzig den Zweck, tagespolitisch unbeliebte Gegenstände aus dem Verkehr zu ziehen und etwa 9 Millionen Menschen, abzüglich ein paar persönlicher Ausnahmen, die häufig sogar in Personenidentität münden, (WBK und Jäger, die anderen Ausnahmen sind situativ) unter Generalverdacht zu stellen und in Konsequenz defacto zu enteignen. Einen derartigen Angriff auf rechtstreue Menschen werde ich bei den Wahlen entsprechend quittieren. Mein persönliches Umfeld denkt ebenso. Auf den bereits vorangegangenen Versuch, via E-Mail einen sachlichen Dialog mit den Verantwortlichen zu beginnen, respektive auf meine rechtlichen und grundsätzlichen Bedenken hinzuweisen, wurde entsprechend dem heutzutage vorherrschenden Verständnis von Demokratie mit standardisierten, sowie unsachlichen Antworten reagiert; So wurde ich von den Grünen daran erinnert, dass Gewaltkriminalität ein überwiegend männliches Problem sei. Na dann.
Ich erwarte auch diesmal keine sachliche Rückmeldung und bin auch nicht daran interessiert, bloß die nächste lediglich die jeweilige Parteilinie widergebende Antwort zu erhalten, ob nun bestätigend oder widersprechend. Ich ersuche stattdessen um Taten, nämlich zur Rückkehr zu einer bodenständigen Politik der Sachlichkeit, welche die Probleme an der Wurzel packt, sowie zu zweckgerichtetem, maßvollem Handeln, ohne das gesamte Staatsvolk zum Gegenstand einer politischen Hexenjagd werden zu lassen. Dies auch abseits dieses Gesetzesvorhabens, denn die oft beklagte "Politikverdrossenheit" kommt nicht von irgendwo her. Besten Dank!
Mit freundlichen Grüßen,
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