Yukon hat geschrieben: ↑17. November 2020, 18:47
Der Knackpunkt bei diesem Thema ist die Verhältnismäßigkeit.
Eine Bevölkerung von knapp 9 Mio unter Generalverdacht zu stellen und ein potentielles Eindringen in deren Privatsphäre zu begehren, weil es unter diesen knapp 9 Mio eine Hundertschaft Vollidioten gibt, ist nicht verhältnismäßig.
Wären von den knapp 9 Mio Einwohnern 60% Terroristen, wäre die Verhältnismäßigkeit wohl gegeben, wenn jedoch 99,99% der Bevölkerung einen Messengerdienst bestimmungsgemäß nutzen, rechtfertigt der Missbrauch der 0,01% nicht die Beschneidung der Freiheitsrechte der 99,99%.
Ob diese Verhältnismäßigkeit gegeben ist, muss der Innenminister darlegen, was er gemeinsam mit seinen Amtskollegen jedoch zu umgehen versucht. Ich wäre ja eigentlich der Meinung, dass die Politik wissen sollte, dass die Vorratsdatenspeicherung vom EuGH kassiert wurde, dennoch versuchen sie einen weiteren Anlauf unter aussichtsloseren Bedingungen, wie nach den Anschlägen Anfang der 2000er Jahre.
Selbiges ist bei der Abfrage der Extremismuskartei zu befürchten, denn die Aufnahme in diese Kartei ist ungeregelt, nicht nur, dass der Betroffene gar keine Kenntnis davon hat, dass er in dieser Kartei existiert, stehen ihm auch keine Rechtsmittel zur Verfügung, um dagegen vorzugehen. Das ist eine denkbar schlechte Basis für die Verweigerung der Ausstellung einer WBK.
Damit wären wir beim von dir angesprochenen Missbrauch. Der Missbrauch erfolgt hier nicht durch einzelne schwarze Schafe, sondern der Missbrauch soll institutionalisiert werden, da er gesetzlich gedeckt werden soll.
Dass ein dermaßen unüberlegter Hüftschuss erfolgt ist menschlich nachvollziehbar, dennoch ist es eine schwache Leistung des Gesetzgebers, da eben unüberlegt, absolut nicht wasserdicht, nicht verhältnismäßig und die Basis für das ganze Vorhaben ist nicht einmal dünnes Eis, es ist bereits geschmolzen.
Es wäre wirklich wünschenswert, wenn vor der Kundmachung eines Gesetzesentwurfs die Hausaufgaben gemacht werden würden und die Öffentlichkeit eingebunden werden würde, anstatt sie auszuschließen, denn so schürt eine Regierung berechtigtes Misstrauen.
PS: leider wird es drei unterschiedliche Berichte der BVT-Untersuchungskommission geben, wir werden demnach nie die volle Wahrheit erfahren. Ein Souverän kann jedoch nicht entscheiden ob richtig oder falsch gehandelt wurde und dies bei den darauffolgenden Wahlen berücksichtigen oder ein Volksbegehren einleiten, wenn ihm essentielle Informationen vorenthalten werden.
Naja das mit der Verhältnismäßigkeit ist halt relativ. Die Einstellung, dass dann 60 Prozent der Österreicher Terroristen sein müssten ist aber nicht richtig meiner Meinung nach. Das Problem ist, dass eine kleine Gruppe von wenigen Menschen nicht nur viele Menschen töten kann, sondern die ganze Gesellschaft nachhaltig zum Negativen verändern würde.
Wenn man sich die USA ansieht und was seit den Terroranschlägen so passiert ist, dann merkt man, dass das alles geändert hat. Da starben natürlich deutlich mehr Menschen und das war eine unvorstellbare Aktion wenn man das so betrachtet - wer hätte gedacht, dass sowas überhaupt möglich ist, aber Fakt ist seit dem hat man diese latente Terrorangst in der westlichen Welt. Paris, London, Amsterdam, etc haben das weitere getan. Die Gesamtsumme der Toten ist genau genommen vernachlässigbar wenn man es mit der Bevölkerung gegen rechnet, aber wir Leben jetzt trotzdem im Zeitalter der Terrorangst.
Ich denke die Maßnahmen sollten aber definitiv begründet sein und das sind sie meines Wissens nach nicht konkret im Terrorbereich - wobei da immer die Frage ist wie es mit den ausländischen Anschlägen war und welche Infos die Geheimdienste da bekommen haben.
Ich selbst habe unzählige Handies ausgewertet und wortwörtlich zig tausende Handynachrichten gelesen die fast alle über Whatsapp, WeChat, etc geschickt wurden. Diese Messengerdienste sind die Normalität und Fakt ist leider, dass man diese nicht überwachen kann (die Großmächte sicher). Nach der Tat ein Handy auszuwerten ist bei der klassisch kriminalistischen Tätigkeit ausreichend und ohnehin Standard seit vielen Jahren.
Alle die aber präventiv tätig sein müssen, auch im Bereich eines Landeskriminalamts, haben keine Chance.
Irgendwann muss es da zu einer Lösung kommen. Selbt wenn das heißt, dass die Täter dann erst wieder auf andere Messengerdienste ausweichen, weil die üblichen überwacht werden können, aber irgendwann muss eine Lösung her. Die Kriminellen schlafen nicht.
Wie gesagt es gab auch mal die Entscheidung einen "Lauschangriff" in Österreich per Gesetz zu ermöglichen. Der Aufschrei war groß, aber jetzt kann die Polizei, wenn es begründet und genehmigt ist, Abhörgeräte zuhause einbauen. Das ist auch gut so, weil es eben Menschen gibt die genau so böse sind wie es Hollywood in seinen Filmen zeigt und die Einzigen die diese aufhalten sind halt wir - die Polizei, die Geheimdienste auf Landes- und Bundesebene und teilweise auch im Militärbereich. Ohne Werkzeug aber keine gute Arbeit.
Ich weiß keine Lösung zu dem Problem die alle Seiten glücklich macht, aber Österreich ist nicht so sicher weil wir einfach Glück haben, sondern weil auch sehr sehr viel hinter den Kulissen passiert. Vielleicht ist die Zeit jetzt noch nicht reif für solche Maßnahmen, aber vielleicht wenn das Ganze wieder passiert und man es damit verhindern hätte können, wer weiß. Auch in dem Fall hätte man sicherlich weitere Informationen bekommen mit so einer Maßnahme, weil der Versuch Munition zu kaufen zwar schon fragwürdig ist, aber jetzt nicht heißt, dass jemand einen Terroranschlag begeht. Es hätte auch eine Clan-Fehde oder ähnliches sein können. Whatsapp ist aber nach wie vor einfach das go-to Programm für alle, Gut und Böse. WeChat bei den Chinesen und die ganzen russsichen Messenger, etc. werden meiner Meinung nach sowieso staatlich überwacht von dort. Wäre überraschend wenn nicht... gerade bei China.