Liebe Freunde der glühenden Eisen!
Wie im Review zum 627 PC Snubby schon angekündigt, möchte ich euch noch von einer anderen meiner Revolverlieben erzählen. Sozusagen: Helmal plaudert aus dem Nähkästchen. Da hier das Gebot, du sollst nur eine haben, nicht gilt, folgt nun ein kurzer Beitrag zum ersten Revolver, der mich wirklich auf Dauer begeistert.
Begonnen habe ich meine ach so beschauliche Hobby-Schützenkarriere (gibt es denn so etwas eigentlich überhaupt?) mit der viel gerühmten aber ebenso berüchtigten Glock 19. In meinem Fall war es schon eine Gen4. An der gibt es eigentlich nichts auszusetzen, wenn man schon abziehen kann. Wenn. Die 19er ging also bald wieder (und wurde dann später durch eine 31er ersetzt, aber das ist eine andere Geschichte). Irgendwie war ich aber der Überzeugung, dass ein Revolver in jeden ordentlichen Haushalt gehört. Meine zweite Faustfeuerwaffe war dann also eine S&W M19-4, die mit den abgesenkten Trommelbohrungen und dem verstifteten Lauf ("pinned and recessed"). Ihr kennt sie bestimmt alle, die berühmte Combat Magnum, die von unzähligen State Troopern geführt wurde. Der K-Rahmen hat Vor- und Nachteile. Vorteile, wenn man die Waffe führt: Sie ist nicht zu groß und vor allem verhältnismäßig leicht. Nachteile: Wenn man sie mit echten .357 Magnum-Ladungen fütter. Auch wenn ich persönlich noch kein Revolver-Cabriolet gesehen habe, die Geschichte von gerissenen Rahmenbrücken halten sich weiterhin und die latente Angst davor ist ein ständiger Begleiter, wenn man seine M19 gerade mit heißen 125gr JHPs ausführen möchte. Entsprechend trainierte man zumeist mit .38 Special.
Die M19 war also eine sehr ästhetische, eine elegante Waffe, mit Charme und ohne viel Fleisch auf den Hüften. Aber gerade aus diesem Grund war sie für mich immer eine .38 Special, mit der man, zu regelmäßig wiederkehrenden aber doch irgendwie besonderen Anlässen, auch .357 Mag verschießen könnte, aber nicht dauernd sollte. Die Waffe war mir dann also auch viel zu schön dafür. Ich wollte aber eine Magnum, die ich auch schießen konnte soviel ich wollte. Es hätte eine 627 werden können. Der große N-Rahmen, für die Ewigkeit gebaut mit der kleinen .357 Mag. Aber .357 Mag in dem großen Rahmen? Wieso nicht gleich aufs Ganze gehen?
Es musste also etwas her, das wirklich auch dauerhaft als Magnum benützt werden konnte. Alle rieten sie mir ab von der .44er. Sie wäre zu teuer in der Munitionsbenutzung, sie wäre zu groß für meine Hände, der Rückstoß wäre unangenehm und würde mir rasch die Freude am Schießen nehmen.
Ich wollte eine M29. Trotz alledem. Und ich habe sie mir gekauft.
Das ist ein gutes Jahr her. Seitdem habe ich 12 Waffen gekauft und manche davon hat wieder den Eigentümer gewechselt, da ich meine Sammlung auf sehr besondere Geräte ausgedünnt habe. Die hier passt nach wie vor dazu und sie bleibt.
4 Zoll eiskalter Stahl. Wie das Bild. Smith and Wesson Model 29-10 Classic. In Nickel, für den besonderen Glanz.
Über diese Waffe muss man nicht viel schreiben, nur wein wenig. Sie, oder besser: Ihre Kontur, dürfte seit allerspätestens den 70ern weltberühmt sein, obschon ihre Wurzeln bis 1955 zurückreichen. Sie erfreut sich nach wie vor anhaltender Beliebtheit. Es ist auch nicht verwunderlich, dass Callahan zu einem dezenten Preisanstieg und einer Einschränkung in der Verfügbarkeit, auch in den US and A beitrug. Der faktische Ladenverkaufpreis für die M29 lag Mitte/Ende der 70er Jahre bei gut dem Dreifachen des MSRP: Unter USD 600,-- waren sie kaum zu bekommen und das war damals ein kleines Vermögen. Von einem reasonable pricing konnte also schon damals keine Rede sein, was jedoch kaum einen Interessenten davon abhielt, sich eine M29 in der wunderschönen Holzschatulle in die Glasvitrine zu legen, wenn er denn eine bekam. Gerade die 6''-Modelle waren sehr beliebt.
Quelle: http://myfavoritegunpics.blogspot.co.at
Versucht heute mal eine M29-2 oder sogar eine M29-1 zu bekommen. Da ich aus einer nicht vorbelasteten Familie stamme, war auch auf diesem Weg kein Erfolg zu suchen. Ich musste mich also nach längerer Suche nach einem schönen M29-2 geschlagen geben, denn die meisten, die man angeboten bekommt, sind ihr Geld beim Herren nicht wert.
In Frage stand nun also eine neue Version. S&W hatte den M29 lange nicht mehr produziert, nur mehr diesen M629. Stainless Steel. Aber wer will schon Stainless Steel, wenn er eine Blue Gun haben kann. Oder sogar Nickel.
Keine goldenen Jahre. Zumindest silberne? Schon Ovid hatte gesagt, auf das goldene folgt das silberne Zeitalter. Und der musste es wissen.
S&W hatte sich also entschlossen wieder eine M29 zu fertigen. Eine M29-10. Kommen tuen sie aus dem Performance Center. Und sie haben das Lock. Who cares? Purists do. Me not.
Aber: Immer wieder liest man, die Qualität der neueren Modelle wäre nicht mit jener aus den „Goldenen Jahren“ vergleichbar. Face to Face mit einer Altfertigung, die der Eigentümer freilich mir nicht abtreten wollte, auch gegen gutes Geld nicht, wackelt da nichts, die Verriegelung ist eng. Und das auch nach einem Jahr mit "Helmals Bestem", dem Garanten für echten .44er-Spaß. Dazu unten aber mehr. Das Ding schießt. MIM hin oder her, ich sehe nichts Negatives.
Die nachfolgenden Bilder sind schon vor einigen Tagen entstanden. Die Waffe war damals frisch geschossen und vor den Fotos nur grob gereinigt worden. Ich mag diesen „used look“ bis ich sie wieder putze. Dann mag ich sie sauber.
Durchmesser der Trommelbohrung gen Übergangskonus: .4295 Zoll. Sechsmal. Mit Bleigeschossen eine Präzisionszimmerflak.
Die mittlerweile übliche Visierkombination bei S&W: Roter Einsatz im Rampenkorn, weiß umrahmter Kimmenausschnitt. Dazwischen eine mehr als nur reichlich Visierlinie.
Die schmutzige Trommel ausgeschwenkt. Sie hält die Waffe im Gleichgewicht. Wahrscheinlich auch ohne Schmutz, so schwer kann der kaum sein.
Der N-Rahmen ist deutlich mächtiger als der K-Rahmen. Der vierzöllige Lauf perfektioniert die Ästhetik. Er ist eben auch eine Dogge.
Shine on you crazy diamond.
Geschossen wird fast ausschließlich mit Handlaborierungen.
Die ersten beiden von Links sind Geschosse von Schraubermani. Das RN-FP ist äußerst präzise, ich werde mir einen Vorrat anlegen. Rechts ein H&N-Geschoss. Die Laborierungen werden von links nach rechts stärker. Alle drei sind beim Amt beschossen und liefern einmal unter 1000 Joule und zweimal sehr deutlich darüber. Die mittlere kickt am meisten. Und sie ist, wie gesagt, die präziseste.
Es ist auf seine ganz eigene Art seltsam, mittlerweile hat S&W einen .44er im L-Rahmen herausgebracht, der auch harte Ladungen recht ordentlich verdauen soll, jedoch nur fünf Kammern hat. Irgendwie ist die M29 nicht mehr up to date. Irgendwie ist sie aus der Mode gekommen, als großer Prügel, mit dem man notfalls auch einen ordentlichen Nagel zielsicher in die Wand bringen würde. Es ist nicht die Zuneigung zur neuen Retro-Liebe, die vor allem die Jüngeren unter uns immer mehr zu packen scheint, ohne dass sie aber wissen, was an Emotion und Liebe in der Fertigung alter Präzisionswaren steckt. Viele wissen das heute nicht mehr zu schätzen. Es muss nur billig und schnell gehen, auf langfristige Werthaltigkeit wird eben nur wenig Wert gelegt und kleine Macken, die man an einem Qualitätsprodukt problemlos mit einigermaßen vertretbarem Aufwand entfernen könnte, führen oftmals zum Aus für den einstigen Gegenstand der Begierde. Vielleicht bin ich nicht mehr auf der Höhe der Zeit oder älter, als auf meiner Geburtsurkunde steht. Aber ich mag Dinge, die für die Ewigkeit gebaut sind. Auch, wenn es sich dabei um Neuauflagen und eine Reminiszenz an alte Höhen handelt.
Irgendwann kommt mir noch eine uralte M29 ins Haus, mit 5 oder 8 3/8''-Lauf. Irgendwann. Aber das hier ist ein Keeper.
Liebe Grüße
Philipp
PS: Und am Ende wurde es dann auch noch eine 627, noch etwas für die Ewigkeit. Das Schöne aus beiden Welten.
PPS: Auf den Fotos sind drei verschiedene Griffe montiert, da diese zu drei verschiedenen Zeitpunkten entstanden sind. Die mit den gelben Einschlüssen bleiben nun drauf. Die sind in Natura eine Wucht.
S&W M29 Classic, shine on you crazy diamond.
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Re: S&W M29 Classic, shine on you crazy diamond.
Vielen vielen Dank für deine Berichte Philipp
LG und
Schützenheil
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Re: S&W M29 Classic, shine on you crazy diamond.
Super Bericht!!
Ich verstehe deine Begeisterungzu der alten Serie.
Habe einen S&W 27-2 .357mag in Holzkasette.
Bild hier im Forum.
Ich habe richtig Freude damit
Ich verstehe deine Begeisterungzu der alten Serie.
Habe einen S&W 27-2 .357mag in Holzkasette.
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- Helmal
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Re: S&W M29 Classic, shine on you crazy diamond.
Gerne und Danke, Rene!approach_lowg hat geschrieben:Vielen vielen Dank für deine Berichte Philipp
LG und
Schützenheil
Rene
Am Wochenende kommt noch einer zu einer etwas anderen 1911er
Liebe Grüße, Philipp
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Re: S&W M29 Classic, shine on you crazy diamond.
Und hier noch ein schnelles just for fun-Video vom Kollegen Remington gefilmt.
Helmals Bestes.
https://vimeo.com/114421927
Liebe Grüße, Philipp
Helmals Bestes.
https://vimeo.com/114421927
Liebe Grüße, Philipp