Sig Sauer P210 Legend Target
Wer etwa samstags in Hirtenberg am Schießstand unterwegs ist, begegnet in vielerlei Hinsicht alten Bekannten.
Neben den Schützenkammeraden, die man lieb gewonnen hat, sind es vor allem immer wieder dieselben Waffentypen: Glocks soweit das Auge reicht, viele CZ 75er, hie und da einmal eine („Premium“) 1911er. Und dann gibt es da die Exoten.
Ich habe ja, zugegebenermaßen, einen Spleen für Exoten. Irgendwie wollte ich aber diesmal eine Mischung aus beidem:
Eine Waffe, die man nicht an jeder Ecke sieht, die präzise ist, formschön und toll verarbeitet. Lange liebäugle ich mit einer Baer 1911er in .45 ACP, die Lieferzeiten und die Preise lassen mir aber die Haare ausgehen, sprichwörtlich. Und die, die noch da sind, stehen mir dann zu Berge. Aber wenn 1911er, dann könnte man sich doch gleich eine Brown oder Nighthawk anschaffen, wegen dem Preis wärs so viel auch nicht mehr um. Nur woher nehmen, wenn nicht Eigenimport – viel Spaß – oder mit kräftigem Aufschlag aus dem Ausland reinholen. Unser aller Gewo wäre mir sicher zur Hilfe gekommen, aber wäre es mir das Geld wert gewesen?
Irgendwie nicht, es gibt auch in Europa gute Ware. Und wenn ich ans Präzisionsschießen denke, kommt mir als erstes eine alte schweizer Dienstpistole in den Sinn. Die gefällt mir, die Form ist elegant, schlank. Irgendwie ziemlich legendär das Ding. Aber auch da: Wenn eine schön erhalten ist, werden kräftige Preise aufgerufen. Ich suche also, so nebenbei schon etwas länger. Ich schalte ein paar Inserate, aber aus mehreren Gründen haut es nicht so hin.
Aber muss es denn überhaupt eine „alte“ sein? Warum nicht eine neue Sig? Aber eine „Schweizer Industriellen Gesellschaft“ aus Eckernförde?
Über Umwege komme ich also auf die neue Sig Sauer P 210. Durchstöbert man das Internet, liest man Unterschiedliches: Die Abzüge kämen an die alten nicht ran, die Qualität der Verarbeitung und Materialien wäre nicht mehr, was man damals bekommen hätte und überhaupt wäre früher alles besser gewesen.
Und dann liest man die anderen Meinungen. Viele schwärmen von den neuen 210ern. Und ich denk mir, riskier es.
Der Wunsch nach etwas nicht ganz Alltäglichem hat mich dann also gepackt. Heute morgens mache ich mich auf den Weg nach Linz, treffe dort einen netten Herren, der der Waffen überdrüssig geworden ist, öffne den Koffer und bin hin und weg.
Meine Sig Sauer P 210 Legend Target.
Und die Marketingabteilung kann man da durchaus beim Wort nehmen. Die 210er ist unter Sportschützen eine echte Legende. Und in jeder Legende steckt bekanntlich ein Quäntchen Wahrheit.
Ich habe einmal gelesen, und fragt mich nicht wo, ich erinnere es nicht mehr, dass Sig von der ursprünglichen P210 bis zur Einstellung der Fertigung 2005 nur etwa 350.000 Waffen hergestellt hat. Würden die Fertigungsbänder Tag und Nacht laufen, wären das nicht einmal 17 Waffen am Tag. Verifizieren kann ich das leider nicht, doch es ist ein gewisser Qualitätsanspruch, den Sig da an den Tag gelegt haben dürfte.
Und das schlägt sich auch in der Neuauflage nieder. Jetzt habe ich doch schon die eine oder andere Waffe in der Hand gehalten, aber die Passungen bei dieser Neufertigung sind beeindruckend. Nicht wackelt, nichts hat merkbares Spiel.
Ähnlich wie bei der CZ 75, wird der Verschluss im Griffstück und nicht außen herum geführt. In einem amerikamischen Forum hat jemand geschrieben, es wäre, als würde er wie Eisflächen aufeinander gleiten. Da ich kein Eis hier habe, glaube ich das jetzt einfach mal Die Bewegung des Verschlusses ist, um letztlich einen Anglizismus zu bemühen, einfach „smooth“.
Da es beim ursprünglichen Modell, wie man hört vor allem vom schnellen Dublettenschießen, zu Rissen im Griffstück gekommen sein soll, hat Sig reagiert und einen schweren Rahmen angeboten. Sig Sauer hat das aufgegriffen. Da ist ordentlich Fleisch dran.
Auch insgesamt ist die Waffe relativ schwer, eben in Vollstahlbauweise gefertigt. Das sollte dem ruhigen Schuss zu Gute kommen.
Sig Sauer versieht das Griffstück mit einem Checkering (okay, also noch was Englisches), das sich sehr angenehm angreift, das nicht übertrieben aggressiv aber dennoch präsent ist.
Der serienmäßige Griff der Target-Version ist breit und bietet reichlich Platz für den Handballen.
Dank des großzügigen Beaver Tails gehören lästige Hammer Bites jetzt der Vergangenheit an.
Die Target-Version wird mit einer in Höhe und Seite verstellbaren Kimme ausgeliefert.
Auf den ersten Blick wirkt das Korn recht grob, das täuscht aber gewaltig.
Der Lichtspalt ist groß genug, um ein kontrastreiches Visierbild zu erzeugen, Kimme und Korn sind wunderbar eben, keine Absplitterungen, Ausbrüche oder ähnliches. Ein Visierbild, wie es für eine Scheibenpistole sein sollte.
Eine weitere Neuerung stellt der verbesserte Sicherungshebel dar. Kratzer am Griffstück gehören durch die Entfernung der „Kugel“, die in der „Sicher“ oder „Feuer“-Position der alten Sig P 210 einrastete und dazwischen elegant über den Rahmen kratzte, ebenso der Vergangenheit an.
Waffe feuerbereit.
Waffe gesichert.
Das Zerlegen geht einfach von der Hand. Der Verschlussfanghebel wird von Rechts nach Links aus dem Griffstück gedrückt, nachdem man den Verschluss etwa 5mm nach hinten bewegt hat. Im Anschluss daran lässt sich der Verschluss nach vorne abziehen, die Rückstoßfeder und der Lauf können in dieser Reihenfolge entnommen werden. Der Zusammenbau erfolgt analog.
Und wenn man so weit ist die Waffe in ihre Hauptbestandteile zerlegt zu haben, offenbar sich, dass man in Eckernförde, entgegen sich leider häufender Meldungen, zumindest was meine Waffe angeht, doch einiges kann. Die Verarbeitung im Inneren der Waffe ist – gelinde gesagt – besser als viele anderen Waffen von außen. Keine Werkzeugspuren, alle Flächen makellos. Keine Gebrauchsspuren vorhanden. Okay, der Voreigentümer hat sie auch nun wirklich kaum geschossen. Glück für mich.
Und dann ist da noch die Sache mit dem Abzug. Um die alten Sig P 210 abschlagen zu können, musste man ein Magazin einführen. Das hat Sauer nicht übernommen. Aber bekanntlich war mit dieser Sicherung systembedingt auch keine Beeinträchtigung der Abzugscharakteristik verbunden.
Wie „geht“ er aber nun? Auslösen tut meiner so bei etwa 1400 Gramm. Sehr knackig nach kaum Vorweg. Durchfallen? Nein, kein bisschen. Da ist kein Kriechen, kein Kratzen, einfach gar nichts.
Das nachfolgende Bild zeigt die gespannte Waffe, keine Patrone in der Nähe.
Der Finger am Druckpunkt. Man beachte dabei den geringen Vorzugsweg.
Und schließlich nach dem Auslösen:
Man könnte nun sagen, die Waffe wäre nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Das stimmt auch, zumindest irgendwie. Die Magazine sind nicht nur sündhaft teuer, sie nehmen auch nur acht Patronen auf. Aber für eine Scheibenwaffe? Wer braucht da schon mehr.
Die Fertigungsqualität hält auch hier an.
Keine Ahnung was es ist, das die Waffe so elegant erscheinen lässt. Vielleicht sind es die Proportionen, vielleicht ist es auch das Oberflächenfinish. Es ist keine Brünierung, es ist irgendwie schwarzblau. Wie auch immer sie es bei Sauer nennen, es ist stimmig.
... und schwer auf einem Bild einzufangen.
Die Waffe hat mich auf ihre ganz eigene Art in ihren Bann gezogen, mit ihrer Eleganz und dem was sie nach wie vor ist. Eine Legende eben. Mit einem Funken Wahrheit.
Sig Sauer P210 Legend Target - Review
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Re: Sig Sauer P210 Legend Target - Review
Toller Bericht, danke dafür und viel Spaß mit deiner neuen SIG.
LG Rene
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Re: Sig Sauer P210 Legend Target - Review
Sehr schönes Teil.
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- Helmal
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Re: Sig Sauer P210 Legend Target - Review
Vielen Dank!
Ergänzung.
Vom unbekannten Kollegen in HiBe, den ich's probieren ließ 5 Schuss auf 7 Meter
Und je 5 vom Kollegen Remington und mir auf 10 Meter
Die wird ein Keeper.
Liebe Grüße, Philipp
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Re: Sig Sauer P210 Legend Target - Review
Helmal hat geschrieben:Vielen Dank!
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