HIER DIE ECKDATEN:
HERSTELLER
Andreas Baumkircher
MODELL
„Anderson“ Vorderladerpistole, Unterhammer, Perkussionszündung
LAUF
Kaliber .36, Lauflänge 200mm, Pulversack, Visierline 280mm, Lauf spanabhebend gezogen nach alter Methode, 6Züge mit 450mm Rechtsdrall
GRIFF
Wurzelholz mit geschnittener Fischhaut
ABZUG
handgefertigt, breiter ausgeführt und leicht nach rechts gedreht, Direktabzug mit 250-350gramm
VISIERUNG
U-Kimme höhenverstellbar, Korn seitlich verschiebbar
GEWICHT
rund 1250gramm
LADUNG
Schweizer2 Pulver mit 13grain, Rundkugel .350, Schusspflaster Durchmesser 19mm, Stärke 0,25mm,
KOSTEN
EUR 1.800,- exkl. Zusatzarbeiten und Zubehör
Es gibt vielleicht eine Handvoll Büchsenmacher in Europa die Vorderlader Pistolen/Gewehre auf so hohen Niveau fertigen können. Und noch weniger als eine Handvoll weltweit, die die Kunst der spanabhebend gezogenen Laufherstellung mit solch einer Präzision beherschen. Einer dieser „Künstler“ lebt in Österreich, Meister Baumkircher. Entsprechend ist auch die Wartezeit. Ein paar Monate sollte man sich schon gedulden. Handarbeit und Qualität ist halt nicht immer prompt verfügbar. Das Warten hat sich ausgezahlt.


Ich bin zwar Neuling bei den Vorderladern, aber ich wusste genau was ich für „meine Präzision“ brauchen würde.
Der Lauf wurde zwecks besserer Balance etwas gekürzt. Der Abzugszüngel ist von Hand gefertigt und fällt breiter aus. Er ist auch ein wenig nach rechts gedreht. Der Abzugsfinger hat dadurch eine „sattere“ Auflage. Das Griffstück auf der Seite des Abzugs ist abgeflacht und kommt mir sehr entgegen. Dies gibt der Schusshand einen besseren, natürlicheren Halt und wirkt so positiver auf den „Abziehvorgang“.


Der Lauf, die Kugel im Diameter .350 und das Schusspflaster mit eine Stärke von 0,25mm sind aufeinander abgestimmt. Das Pflaster mit einem Durchmesser von 19mm, passt exakt auf die Laufmündung und liegt so perfekt für das Setzen der Kugel. Ich muss mich also mit diverse Test´s für die optimale Lösung, nicht auseinander setzen und kann mich ganz auf mich konzentrieren.

Die Griffschalen sind aus Wurzelholz mit einer tollen Maserung. Nicht nur der Optik wegen sondern vor allem wegen der Griffigkeit, habe ich eine Fischhaut schneiden lassen.

Der Direktabzug bricht „Glas klar“ – Weltklasse!
In all den vielen Jahren – verschiedene Disziplinen – ist mir so ein Abzug noch nie untergekommen.


Die „Anderson“ ist rund 1.250gramm schwer. Training ist angesagt. Da schlummern ein paar Muskeln, die wieder aktiviert werden müssen. Die U-Kimme ist nur in der Höhe verstellbar. Das Korn seitlich verschiebbar. Alles lt. den MLAIC-Regeln.


Passend zum „Gerät“ hab ich noch einen Putzstock, ein Pulverrohr und einen exakt abgestimmten Ladestock geordert, sowie diverses Zubehör und Ersatzteile.

Die Reinigung erfolgt mit warmen/heißen Wasser. Der Lauf ist demontierbar, damit geht das Putzen leicht von der Hand. Durch die präzise Fertigung, ist der Lauf nach dem Zusammenbau immer wieder in der gleichen Stellung. Aufgrund der abgestimmten Komponenten, Pflaster, Pflastermilch, Kugel, Pulvermenge und dem außerordentlich qualitativen Lauf, ist die Verschmutzung äußerst wenig. Kein Vergleich zu den Videos, die ich im Netz gesehen habe – Schmutz ohne Ende. Es kostet Überwindung, bei der ersten Reinigung den teuren Lauf mit Wasser, Zahnbürste und Co zu „Schrubben“. Aber es ist ja nur 1kg Eisen. Bei der Reinigungsprozedur eines Vorderladers – auch mit dieser Qualität – bekommt der „Putzwahnsinn“ so mancher Kollegen und die Angst um die „heilige“ Mündung, eine neue Bedeutung.
Übrigens…ein Zwischenwischen beim Schießen ist nicht nötig. Auch nicht nach 2 oder 3 Serien. Qualität eben.



Die Abläufe beim Ladevorgang sind noch nicht ganz in Fleisch und Blut übergegangen, aber das wird schon. Schön langsam werden die „Anderson“ und ich Freunde. Die ersten Testergebnisse stimmen mich zuversichtlich. Immerhin 85 Ringe bei unwirklichen Bedingungen um die Null Grad Celsius und einer noch nicht vollständig eingerichteten Visierung. Da ist noch Luft nach oben. Nächstes Ziel...wärmeres Wetter und ein 9er Schnitt.
KOFFER
Der Nautic-Koffer aus dem Bauhaus hat sich als optimale Transportmöglichkeit für mich ergeben. Eine passende Rasterschaumeinlage ist ebenfalls dort verfügbar. Der Koffer ist sehr robust und hat eine umlaufende Dichtung.


ZUBEHÖR
Für die 13grain Ladung habe ich mir einen wunderschönes Schöpfmaß anfertigen lassen. Der Griff ist aus kaukasischem Nußbaum, beste Holzqualität.

Den ersten Kontakt bekommt die Kugel mit einem Holzhammer aus kubanischem Hartholz „Einzelanfertigung“. Danke an den Holzwerker-Profi. Danach geht es weiter mit dem passgenauen Ladestock.

EIGENBAU
Die Suche nach einem geeigneten Ladebrett oder eine Inspiration dafür war langwierig und eigentlich nie das Richtige dabei. Also hab ich mich selbst zur Inspiration hinreißen lassen und wie es dann meistens ist bei mir, … probieren und der Zufall hat den nötigen Input gebracht. Ich bin nicht der Holzwerker meine aber, dass mir dies - für meine Bedürfnisse und Fähigkeiten - gelungen ist. Vorgabe war ein kleines Brett, ein NICHT „fummeliger“ Zugang zu den Kugeln und eine großzügige Pflasterablage.
Entstanden ist das „Wiener Ladebrett“.




Auch für die Zündhütchen wollte ich eine „greifbare“ Lösung

Ein bereits vorhandenes Kästchen bietet den Platz für das wichtigste Werkzeug. Der Rest (unglaublich was man alles dabei hat) kommt in kleines Range-Bag. Ein eigens für das Zubehör und Werkzeug anzufertigender Holzkoffer kommt erst dann, wenn klar ist was ich wirklich brauche und mitnehmen möchte.

Fertig gepackt


FAZIT
Warum keine günstigere Variante zu Anfang (Le Page etc.)? Eine günstigere Pistole, von der Stange, würde früher oder später nicht mehr mit mir mithalten können. Darum gleich das Invest in ein „Meister-Werk“. Wer jetzt glaubt, dass die Kosten für einen Schuss aus einem Vorderlader gering sind, der irrt. Einmal Peng und rund 20Cent haben sich in Rauch aufgelöst. Es muss nicht immer oder unbedingt ein „High-End“ Sportgerät sein. Wer Interesse hat,… taucht einfach mal in die Welt der Schwarzpulver Schützen ein. Eine grandiose Erfahrung. Vorderlader Schießen hat Sucht-Charakter, also Vorsicht.
Die „Anderson“ ist eine Top Vorderladerpistole. Qualität und Präzision auf höchstem Niveau. Viel Freude für den der es versteht das Meisterwerk von Hand, auf die Scheibe zu spiegeln. Ich hoffe, ich werde dem gerecht.

(Erstveröffentlichung Februar 2017)
Update:
Auch nach sehr vielen Schüssen, läuft die "Anderson" mehr als geschmiert. Ein Traumgerät für den anspruchsvollen Schützen.
Mit diesem Ergebnis in einem Bewerb, habe ich nicht nur meinen persönlichen Rekord (94Ringe) eingestellt, sondern kann mich auch in die Reihe der "Weltbesten" stellen. Zugegeben hatte dieser Bewerb nicht den Status einer Europa- oder Weltmeisterschaft, da hätte ich wohl Nerven gezeigt und so ein Ergebnis nicht einmal ansatzweise umsetzen können und trotzdem, es „wäre“ ein „Stockerlplatz“. Die Ringzahl wird mir gerecht und vor allem spiegelt sie das Handwerk-Niveau des Büchsenmacher.
Der „Burner“, ich hatte vor dem Bewerb meinem Ärger betreffend privater Angelegenheiten freien Lauf gelassen. Eigentlich ein Scheiß Tag, der war aber - unerklärlich - genau richtig.
Es hat 20Jahre! gebraucht um wieder ein - dokumentiertes - Ergebnis auf so hohen Niveau zu erzielen. Der Umstand Zeitmangel und das zunehmende Alter, wird mir diesen Moment künftig vielleicht nicht mehr gönnen. Ich mach mir nichts vor, die 97Ringe werde ich im höchsten Maße nicht mehr einstellen können. Und dennoch bleibt der Antrieb weiter an mir zu arbeiten um meinen „Angstgegner“ - nämlich mich selbst - auf die stille Treppe zu setzen. Einmal geht noch! Ich bleib dran, ich hab Ausdauer und das Ziel immer vor Augen. Ohne tägliches Trockentraining geht es aber nicht, solche Ergebnisse zu zaubern (bei mir zumindest)
Bitte nachmachen, ihr könnt das auch

Zum Verständnis:
habe nicht immer Zeit, für meine Leidenschaft
werfe nicht tausende Schuss im Jahr gegen die Scheibe
zeige leider viel zu oft Nerven im Wettkampf
Aber...
hatte eine sehr gute Ausbildung
bin schon lange Sportschütze
habe entsprechende Sportgeräte
setze sportlich sehr hohe Maßstäbe an mich
habe eine extreme Ausdauer
Persönlicher Rekord 97 Ringe (3Streicher/rot)
Vorderlader, 25m, einhändig, stehend frei.
Zur Erklärung der Ringzahl: anders als beim z.B. Großkaliber, zählen "angerissene" Ringe nicht. Die Kugel muss mit mehr als der Hälfte ihres Umfanges den "Ring" passiert haben. Es zählen also nur die besten 10Treffer.

(Erstveröffentlichung Februar 2020)