Flolito hat geschrieben: ↑18. Februar 2021, 23:01
Frage von einem Jäger an andere Jäger:
Wie schlimmt kommt euch eigentlich die Entfremdung der breiten Masse zur Natur vor? Dank dem Internet hat heutzutage ja jeder noch so Unqualifizierte die Möglichkeit seinen Senf zu jedem Thema dazuzugeben.....und wenn ich mir im Internet bei Jagdvideos oder Beiträgen so die Kommentare durchlese wird mir wirklich übel.....ein Wahnsinn wie verblendet und naiv manche Menschen sein können, gerade bei Themen wie dem Wolf/Fuchs ect.
Als Nicht-Jäger, der gerne mal den JungjägerKurs besuchen will und als Mitnutzer der natürlichen Umgebung kann ich dir eine Anekdote zum Besten geben die wir mit den Kids erlebt haben:
Familien-Ausflug in den Naturpark Ernstbrunn: kurz vor dem 2. Lockdown, damit die Kids nochmal die eigene Umgebung auch von außen sehen, entschlossen sich meine Frau und ich zu einem Spaziergang um eben auch den Herrschaften dort, noch eine Spende zukommen zu lassen. (Eintritt mit gut Trinkgeld, Futtergeld, Futterbeuteln die 2 Kinder allein garned loswerden können, usw).
Wir marschieren also durch den Park, und die Kids sehen wie schon so oft, einiges an Wild und auch normalen Haustieren. Die Freude ist groß, aber der Ton wurde vom Papa gedämpft. "Leise beobachten, Freude nicht hinausschreien" war unser Motto. Sie sollen ja verstehen, dass diese Distanzen nicht alltäglich sind bei gewissen Tiergattungen.
Meine Frau und ich bemerken schon einiges an Aufregung im Park. Leute mit Kinderwagln aus den 70ern, die sich wundern warum im unbefestigten Gelände Bergauf ned weiter kommen mit Turnschuhen. Laut brüllende Kinder, die unbedingt an Steinbock streicheln wollen, usw. Ja, wir dürften wohl den Großstadt Ausflug der Bobomaniacs gecrasht haben. Unsre Kids hatten feste Schuhe, und normale Gewand an. Keine Turnschuh (hat dem 11 jährigen Pubertierer natürlich mörderisch gefallen, aber es hat was bracht). Weiterkommen also gesichert
Lustigerweise wurde in Ernstbrunn ein wenig ummodelliert, und das Rehwild war in einem groß angelegten neuen Areal untergebracht. Als wir nach der Runde übers Wolfsgehege (mit heulenden Kindern, da haben selbst meine 2 blöd gschaut, ziemlich genauso wie der Wolf) und Bergab bei den Rothirschen vorbei waren, kommen wir also in besagtes Gehege. Mir fällt auf dass das anwesende Wild massiv aufgeschreckt war, und sich in 2 Rudeln zusammengerottet hat. Und dann hört man es auch schon.... Die Böcke kämpfen sich gerade den Rang aus, ui,.... schreit nach Paarungszeit (Fachbegriffe fehlen mir leider, aber jeder der ned blind durchs Leben schreitet, erkennt wenn er beim Akt stört

).
Ich also meinen 2en eingebläut, dass sie bei uns bleiben, wir bewegen uns sehr defensiv am Rudel vorbei, und gehen den Weg Richtung Rindergehege raus. (Klar taugt das keinem Kind, aber wir haben ihnen erklärt, dass des grad ah wengl Blöd und massiv gefährlich ist, haben ihnen versucht das Verhalten der Böcke zu zeigen, und mit Worten erklärt was gerade passiert. Leise geflüstert, ohne großes Aufsehen)
Hinter uns der 2te Part der 70er Jahre Wagen-Truppe mit laut schreienden Kindern, die doch jetzt endlich das Bambi füttern wollen, reißen sich von den Eltern los, und stürmen in das Rudel. Das ganze Schauspiel ging dann 2 bis 3 mal, bis selbst die alternativsten Besucher überrissen haben, dass die Situation mehr schlecht als recht war. Lautstärke Donauinsel-Fest.
Aber von einer Erklärung warum oder weshalb das so ist, war man weit entfernt, im Gegenteil, man hat die eigens mitgebrachten Bio-Karotten vom Merkur den aufgebrachten, sabbernden Böcken versucht ins Maul zu stopfen. Da kommen einem als Nicht-Jäger auch mal die kalten Schweißperlen auf die Stirn....
Was möchte ich damit aufzeigen ? Es schert einfach schlicht und weg keinen mehr, das WARUM zu verstehen.
Die sehen die Viecher als Haustiere, wie ein Kaninchen oder ah Meersau. Nicht als Wild lebende Tiere.
Wir versuchen gerade mit so Ausflügen auch in den Wald, den Kindern ihre Umgebung näher zu bringen, mit dem nötigen Respekt davor. Kein lautes Geschrei, kein Losstürmen wenn man was sieht. Sei leise, beobachte, und erfreue dich am Anblick der Natur. Wir essen auch regelmäßig Wild, und lassen somit in der Gemeinde bei uns, und rund herum den Jägern ebenfalls etwas zukommen. Nicht nur Geld, sondern Respekt und Anerkennung. Wertschätzung für das, was er uns bringt. Nahrung, aus der Umgebung. In Zeiten von Billa-Online und Co in den Städten, geht aber genau diese Wertschätzung verloren.
Ich finds schade, denn wer weiß, wie lange diese "Lebensmittelketten" so noch funktionieren. Wissen das verschwindet, ist unwiderruflich weg. Egal aus welchem Grund es verschwinden mag. Man sollte versuchen, Werte, Wissen, und ein gewisses Verhalten der Generation nach einem mit zu geben. Und meine Frau und ich hoffen das, mit unsren Ausflügen, den Erklärungen, und auch der entsprechenden Wertschätzung aller Beteiligten dass zu erreichen.
LG