Da schau her, ein guter Artikel zum Thema im Standard
https://www.derstandard.at/story/300000 ... an-alt-ist
Auszüge:
so wie manche Leute immer noch Greißlern nachtrauern, statt Güter ihres Realbedarfs im Internet zu bestellen und sich von Migranten oder Drohnen beliefern zu lassen. Diese Uralten reden tatsächlich lieber nahmündlich mit Beamten und Angestellten aus Fleisch und Geist statt mit Maschinen, sprich Algorithmen! Sie möchten Fragen stellen, Antworten erhalten, ihre Fragen abändern, neue Antworten erhalten, etwas bezweifeln, sich etwas erklären lassen – statt vorgefertigte Antworten konsumieren, nachdem sie in einem Wald von Kategorien die richtige ausgewählt haben; die richtige, die sich fast immer als die falsche herausstellt
Unlängst hat mich ein junger Mann angeschaut, wie die Smartphonehalter oft schauen, wenn ihnen etwas aus dem wirklichen Leben in die Quere kommt.
Passend dazu, ich hab so einen Zorn - auch - auf diese Smartphones
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Die Töchter meiner Oma reden ihr ein, sie braucht unbedingt ein Smartphone, dann ist sie wieder "modern" und außerdem können sie ihr dann lauter tolle Bilder über WhatsApp schicken. Von Urlauben und so, während sie - mittlerweile - allein in ihrer Wohnung sitzt. Die Oma, damals schon Mitte 80, zittrig ohne Ende. Sofern der Kampf gegen die Displaysperre gewonnen wurde, bestand die nächste Schwerstaufgabe im Wählen einer Nummer. Aber die Oma geht mit der Zeit.
Und da die Bilder jetzt quasi in Echtzeit auf WhatsApp kommen, muss man auch weniger zu Besuch kommen, um irgendwelche Fotos gemeinsam anzusehen oder etwas zu erzählen. Die Oma ist jetzt immer up to date! Stattdessen pickt irgendein gschissener Smiley unterm Foto dran, der eine alte Frau mit Schlafschwierigkeiten wie die Bomben in ihrer Kindheit um null-zweihundert aufweckt, weil die mittlerweile fast 90-Jährige das Internet vergisst abzudrehen. Oder weil sie sich einfach nicht traut, weil sie das letzte Mal im Flugzeugmodus landete und ich nach ein paar Stunden der Unerreichbarkeit ihrerseits plötzlich in ihrer Wohnung stand, nur um sicherzugehen, dass sie nicht mit dem Gesicht nach unten auf der Erde liegt; So wie bereits einmal zuvor, nämlich als sie ihr leeres Smartphone gerade an die Steckdose hängen wollte, sowas muss ja tagtäglich geladen werden, ebenfalls eine schöne Neuerung. Ein Pflegefall für 24/7-Betreuung ist sie ja nicht, aber so eine Uhr für den Hausnotruf hat sie immerhin. Da hatten die Töchter mal eine Idee, die zumindest nicht schadet. Theoretisch, denn das Teil liegt oft bewusst am Nachtkastl, wozu denn umschnallen, man hat ja eh das Smartphone. Die Oma ist jetzt modern!
Von den laufenden Hilferufen "Des Handy sagt, i muss wieder irgendwas machen, Burli, Hilfe, Hilfe" will ich gar nicht anfangen. Update hier, Update dort, Newsflash, Endlosschleife, Blockieren, Update setzt Einstellungen zurück, Freeze, Betrugsversuch über WhatsApp, schon wieder Update, etc. Klar komm ich zum Handkuss, denn die Töchter sind ja nie erreichbar, obwohl sie eigentlich eh ständig am Smartphone picken. Auch das Seniorenhandy inkl programmierter Kurzwahl, Notrufknopf und praktischem Umhängebandl, das ich ihr kaufte, ändert nichts daran und das Notebook, das sie bis zum Erhalt ihres Smartphones täglich nutzte - und auch nutzen konnte - verstaubt weiterhin. Das Smartphone kann ja von mir aus das Notebook ersetzen, aber bitte nicht das Telefon! "Is recht, Burli" und trotzdem baumelt das Seniorenhandy tiefentladen am Umhängebandl am Türgriff.
Woran merke ich also, dass ich alt bin? Jeden Tag, indem ich versuche sowas auszubaden, ansonsten leidet die darunter, die am wenigsten dafür kann. Sowas wäre mir mit 20 nicht eingefallen. Damals hätte ich einfach gesagt "Selbst Schuld", heute erkenne ich die Schuld bei denen, denen sie gebührt und erkenne die Oma als das was sie ist, nämlich ein Opfer dieser modernen, in Wahrheit alles verkomplizierenden Verblödung, wo das Smartphone nur die Spitze des Eisberges ist; Die Ursache hingegen ist und bleibt der Mensch natürlich selbst. Begeisterung für "Neues" weicht zunehmend der Aversion, zumindest wenn es um so Alltagsblödsinn geht, der den Menschen nur das Denken abtrainiert. Was dieses Smartphone schon für Ärger bereitete, wieviele Stunden (insgesamt eher schon Tage) dafür draufgingen... Und alles nur, um sich nicht zu alt zu fühlen, was einer wie ihr eigentlich eh wurscht war, bis sie die klugen, modernen Kinderlein offenbar vom Gegenteil überzeugten. Jetzt ist das Smartphone genauso wichtig wie das Radio, der Fernseher und die obligatorische Freitagskrone; Denn da ist das Fernsehprogramm drin! Das muss auf einmal analog sein und wehe, ich bin krank oder sonst wie verhindert. Na gut, wenigstens eine Tochter kümmert sich und checkt das dann für mich, aber die ist eigentlich selbst mit vielem überfordert... vor allem mit Smartphones.
Gottseidank konnte ich ihr Onlinebanking ausreden! Lieber lauf ich mit einzelnen Erlagscheinen zur Bank. Übrigens die letzte Erste-Bank in der Nähe, da tummeln sich dann hundert Hundertjährige und lassen sich zum hundertsten mal von einem Zwanzigährigen mit Labradoodle-Haarschnitt erklären, wie die Selbstbedienungsautomaten funktionieren. Der Hinweis auf die einfach zu bedienende App fürs Online Banking darf natürlich auch nicht fehlen.
Woran merke ich außerdem, dass ich langam wirklich älter werd? Abgesehen von gesundheitlichen Kleinigkeiten, die leider immer größer werden und teils auch in ernste Erkrankungen umschlagen, dass ich jedem die Zähnd einhauen könnt, der - meist um den eigenen Egotrip zu rechtfertigen - meint "Mann muss sich einfach mal Ruhe gönnen". Mhm, ganz easy. So reden nur Leute mit genügend Rückhalt oder Ressourcen und die nur bis zur eigenen Haustür denken können, oder egomanische A-Löcher.
Woran merke ich noch, dass ich alt bin? Die Oma steht auf Barbara Salesch. Cool, red ma über Strafrecht. Aber letztens erst frag ich mich "Was, die gibt's noch immer?" . Dann google ich - auf meinem Startphone - und erkenne, dass es noch viel schlimmer ist; Es gibt sie WIEDER! "Noch immer" ist also längst vorbei.
