Aktuelles Urteil zum Thema "Wechselsystem" - KEINE PANIK, HIER LESEN SIE WARUM!

Schießsportler
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Re: Aktuelles Urteil zum Thema "Wechselsystem" - KEINE PANIK, HIER LESEN SIE WARUM!

Beitrag von Schießsportler »

wilhelmshoehe hat geschrieben: 5. September 2024, 17:25 Gleichzeitiger Besitz von verbotenen Magazinen und hierzu kompatiblen B-Waffen ist eine andere Baustelle und hat mit der Wechselsystemproblematik auch nichts zu tun. Man kann auch Schlussfolgerungen von dem einem Thema auf das andere nicht einfach so umlegen.

Warum?
Lest den § 17 Abs. 1 mal aufmerksam, da stehen bei den Z7 und Z8 genau drei Schlüsselwörter, die sehr, sehr wichtig sind und diesen Fall komplett anders lagern. Die Definition dessen was unter Z7 bzw. Z8 fällt macht's aus. ;)
Schon klar, § 17 Abs 1 Z 7 und 8 WaffG sprechen von "eingebautem oder eingesetztem" Magazin. Aber du überspringst mit deiner (strengst möglichen) Rechtsansicht auch einfach einmal nonchalant die Differenz zwischen § 2 Abs 1 und 2 WaffG. Während du bei den Magazinen bei gleichzeitigem Besitz also noch unserer Meinung bist, und nicht einfach automatisch das Zusammenbauen (Einsetzen) fingierst, machst du genau das bei gleichzeitigem Besitz von Wechselsystem und Griffstück. Warum gibt es dann überhaupt eine Unterscheidung zwischen Schusswaffen und wesentlichen Bestandteilen von Schusswaffen? Und der § 50 Abs 1 WaffG ist eben nur auf Schusswaffen anzuwenden, das stellt der § 50 Abs 2 WaffG auch noch einmal ausdrücklich klar. Du stellst hier also eine rechtliche Fiktion auf (nämlich dass bei Besitz aller wesentlichen und nicht wesentlichen Teile diese immer automatisch als zusammengebaute Schusswaffe zu betrachten sind), was aber im aktuellen Gesetz schlicht und ergreifend so keine Deckung findet. Aber ok, argumentiere weiter in diese Richtung, ich bleibe dabei, es ist mehr ein Bärendienst als ein gut gemeintes Warnen, wenn man es ergänzend (zumindest implizit) als die einzig wahre Rechtsansicht darstellt. Insbesondere zumal es eben noch nicht einmal ein Urteil in diese Richtung gibt, wo nicht auch andere Verfehlungen (z.B. Zusammenbauen außerhalb eines Schießstands, nicht wechselsystemtaugliche Waffe usw.) genauso gut der Grund sein können.

Um es in einem Beispiel zusammenzufassen: Du unterstellst dem Gesetzgeber also, dass er dem Waffenneuling, der nur "ganze" Waffen und keine Wechselsysteme hat, eher zubilligt, sich unbeschränkt Griffstücke kaufen zu können, als dem IPSC-Schützen, der diverse Wechselsysteme hat, aber sich eben für Wettkämpfe zumindest ein einziges Ersatzgriffstück holen möchte?

Viel eher als zutreffend und in einem Rechtsstaat auch als erstrebenswerter erachte ich es, wenn man zwischen schwarz und weiß auch Graustufen zulässt. Es gibt eben einfach sehr gute Gründe, formell alle wesentlichen und nicht wesentlichen Teile einer Schusswaffe zu besitzen, ohne sie je unberechtigt zusammenzubauen und dadurch eine Stückzahlüberschreitung herbeizuführen. Da es gerade aktuell ist: Ich kann auch alle passenden Haushaltsmittel zuhause haben, aus denen ich einen Sprengstoff herstellen könnte. Trotzdem hat bei mir die Cobra noch nicht das Haus gestürmt, weil ich sie eben nie zusammenrühren werde und mir auch kein dahingehender Vorsatz zu unterstellen ist. Anders sieht es dann bei den identen Haushaltsmitteln eben bei einem 19-jährigen aus Ternitz aus... Es gibt im Rechtssystem (insbesondere im Strafrecht) eben nicht nur objektive, sondern auch subjektive Umstände. Warum soll also dieser Grundsatz bei den Wechselsystemen plötzlich aufgehoben sein? Aber gut, lassen wir es. Soll sich jeder selbst seine Rechtsmeinung bilden und dann seine Konsequenzen daraus ziehen, was Stand jetzt, oder nach einem allfälligen künftigen Urteil oder auch nach der nächsten WaffG-Novelle das Sinnvollste ist.

Und dass es eine Bezirkshauptmannschaft mit der jetzt geänderten Rechtsansicht des BMI einmal ausprobiert, verwundert auch nicht (wobei wir auch hier wieder nicht einmal die Umstände annähernd kennen). Reden wir sinnvoll dann weiter, wenn zumindest das Landesverwaltungsgericht entschieden hat. Wenngleich ich es bei dieser Thematik als die falsche Reihenfolge erachte, gleich über die Verlässlichkeit absprechen zu wollen. Zuerst wäre wohl eine Klärung iSd § 50 Abs 1 WaffG durch die ordentlichen Gerichte herbeizuführen.
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cas81
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Re: Aktuelles Urteil zum Thema "Wechselsystem" - KEINE PANIK, HIER LESEN SIE WARUM!

Beitrag von cas81 »

Es hängt alles an der Frage, wann eine Schusswaffe vorliegt. Die Magazine sind geregelt, die sich daraus und unter welchen Umständen ergebenden Kategorien ebenfalls, volle Deckung im Gesetz, kein Interpretationsspielraum. Die Griffstücke sind nicht geregelt und sofern man dem Gesetz im Hinblick auf die Stückzahlbeschränkung keine Systemwidrigkeit unterstellen möchte, bleibt nmE nur die aktuelle Ansicht des BMI; Ansonsten schafft das WaffG die Möglichkeit, sich faktisch drei mal so viele Waffen zusammenzustecken und folglich spätestens dann zu besitzen, wie man besitzen darf. Die Stückzahlbeschränkung hingegen möchte verhindern, das jemand mehr Waffen als die bewilligte Anzahl besitzt. An das WaffG ist bekanntlich ein strenger Maßstab anzulegen. So verstößt bspw bereits die Zugriffsmöglichkeit Unberechtigter im Rahmen der Verwahrung gegen das WaffG. Auch ist eine Meldung als Waffe oder WS nicht konstitutiv. Im Ergebnis sind nmE beide Ansichten vertretbar, wenngleich mit einer deutlichen Tendenz zur Strenge.

Die Unterscheidung zwischen Schusswaffe und wesentlichem Bestandteil ergibt dann Sinn, wenn man sie auf tatsächliche Wechselsysteme anwendet, dh zugehörig einer "Basiswaffe". Ob Wechselsysteme bei Vorhandensein dazu passender Griffstücke in ihrer Gesamtheit nun als Waffen oder doch bloß Wechselsysteme zu betrachten sind, wird erst die subjektive Tatseite zeigen. Also das am schwierigsten zu Beurteilende. Edit: Blödsinn, genau das ist ja objektiv; Letzlich geht's nur um die Erfüllung des gesamten Tatbestandes. Doch der IPSC'ler wird es mit seinen Backup-Teilen leichter haben, als Herr XY, der seine Plätze nur mit Glocks belegt, aber Verschluss und Lauf einer 1911 als Wechselsystem gemeldet hat und dann noch ein Phantom-Griffstück dazu besitzt.

Etwaige Irrtümer auf der subjektiven Tatseite sind natürlich vorteilhaft, aber bis dahin ist bereits viel passiert. Sich darauf zu verlassen wäre "mutig". Irgendwer muss das Bauernopfer spielen, bis zum OGH (oder wenigstens zum VwGH). Vorher wird niemand verbindlich feststellen, ab wann nun eine (Schuss-)Waffe vorliegt. Die Rechtsprechung der Unterinstanz könnte durchaus divergieren, da ja wirklich mehrere Ansichten vertretbar sind. Außerdem: Auch Höchstgerichte irren. Nur beispielhaft sei das offenbar verfassungswidrig formulierte Urteil aus den 80ern genannt, woraus das BMI nun entgegen jeglichen Differenzierungsgebots völlig überschießend ein Depot- Verbot ableitet und damit die Vertragsautonomie versucht zu verletzen ("jeder Besitz iSd ABGB", dh auch Rechtsbesitz, mittelbarer Sachbesitz, dh auch keine fremdnützige Treuhand = Depotvereinbarung nicht mehr möglich, usw).

Der Fall der IWÖ interessiert mich brennend. Ich möchte wirklich wissen, wie sich der Sachverhalt aus Sicht der Behörde darstellt und welche Norm ihrer Ansicht nach konkret übertreten wurde. Ob es beim Entzugsverfahren bleiben soll und wenn ja: warum, oder ob doch der 50er einschlägig ist und die StA schon ermittelt (aber ich nehme an, darüber würde die IWÖ wohl erst recht berichten).

Das BMI wird jedenfalls immer "autoritärer", nimmt sich immer frecher immer mehr heraus. Mittlerweile soll man nicht einmal mehr seine Waffen durch eine Waffenverbotszone transportieren dürfen, was spätestens im Rahmen verfassungsgemäßer Interpretation problematisch wird. Genau wie beim o. g. Vorstoß zum Depot. All das sollte zu denken geben. "Zurücklehnen" und diese Sache entspannt zu betrachten, mag eine empfehlenswerte Strategie sein, sie ändert aber nichts am Damoklesschwert.

Du @ Schießsportler nimmst hier die Rolle des Verteidigers ein. Wilhelmshoehe hingegen übernimmt die Rolle der StA, er mimt den weisungsgebundenen Advocatus Diaboli. Genau so wird es im Anlassfall laufen, das Gericht tut mir jetzt schon leid. Bisher aber hat sich jenes Risiko verwirklicht, dass er seit Jahren beschreibt. Das sollte zu denken geben. Vor allem in Zeiten, in denen Hexenjagden wieder modern sind. Mit dem Schlimmsten rechnen, das Beste hoffen.
Zuletzt geändert von cas81 am 6. September 2024, 08:58, insgesamt 2-mal geändert.
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cas81
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Re: Aktuelles Urteil zum Thema "Wechselsystem" - KEINE PANIK, HIER LESEN SIE WARUM!

Beitrag von cas81 »

Man stelle sich vor, man versucht sich nun auf die sichere Seite zu begeben und ersucht die Behörde, ein Griffstück und ein WS zu verheiraten, weil man eh ein freien Platz hat. Dann weiß die Behörde vom Griffstück.

Man stelle sich vor, man hat keinen Platz frei und möchte sich auf die sichere Seite begeben, indem man die Amnestie in Anspruch nimmt. Dann ist man zwar nicht strafbar, aber die Behörde setzt womöglich an der Verlässlichkeit an.

Sollte sich der Sachverhalt nämlich tatsächlich genau so wie von der IWÖ geschildert darstellen und es sich nicht bloß um die Behauptung der Verteidigung handeln, dann riecht das nach Hexenjagd.

Wer seine WS und Griffstücke nicht verheiraten und auch die Amnestie nicht in Anspruch nehmen möchte, könnte einen Mistkübel bereitstellen; Sollte nichts dabei herauskommen, wäre nichts verloren. Findet hingegen doch keine Hexenjagd statt, dann wäre deswegen womöglich alles verloren. Derzeit sieht es für mich nach einer Pattsituation aus.

Die Situation jedenfalls beobachten... und in nächster Zeit besser wirklich keine Griffstücke zum WS kaufen oder zum Verkauf inserieren. Eine Prise Hirn statt Muskeln schadet nicht.
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diver99
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Re: Aktuelles Urteil zum Thema "Wechselsystem" - KEINE PANIK, HIER LESEN SIE WARUM!

Beitrag von diver99 »

cas81 hat geschrieben: 6. September 2024, 07:22
Man stelle sich vor, man hat keinen Platz frei und möchte sich auf die sichere Seite begeben, indem man die Amnestie in Anspruch nimmt. Dann ist man zwar nicht strafbar, aber die Behörde setzt womöglich an der Verlässlichkeit an.
Warum meinst du, dass die Behörde da an der Verlässlichkeit zweifelt? Ich geh mit meinem WS (natürlich ohne Griffstück) auf die BH und geb's als defekt ab. Glaubst du, dass da jemand viele Fragen stellt?
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wilhelmshoehe
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Re: Aktuelles Urteil zum Thema "Wechselsystem" - KEINE PANIK, HIER LESEN SIE WARUM!

Beitrag von wilhelmshoehe »

Die zentrale Frage ist: Was ist eine Waffe bzw. eine Schusswaffe? Dazu braucht's eigentlich nur die ersten beiden Paragraphen des WaffG:
§ 1 Waffen sind Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, 1. die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen oder 2. bei der Jagd oder beim Schießsport zur Abgabe von Schüssen verwendet zu werden.
§ 2 Schusswaffen sind Waffen, mit denen feste Körper (Geschosse) durch einen Lauf in eine bestimmbare Richtung verschossen werden können; es sind dies Schusswaffen...
Hier liegt der Hund begraben:
"Vor Ihnen liegen sechs baugleiche Glock 17, jeweils in Lauf/Verschluss sowie Griffstück getrennt. Bitte sagen Sie mir für jede welche ihrem Wesen nach eine bzw. keine Waffe ist? Warum?"

Ob man eine Pistole in Griffstück, Verschluss, Lauf und Magazin zerlegt ändert genau null an ihrer Wesensbestimmung. Es behauptet niemand, dass nur weil sie nicht geladen ist, es keine mehr Waffe ist. Obwohl ohne Magazin und Munition ebenso kein Schuss abgefeuert werden kann! Jetzt könnte der Herr Verteidiger sagen, ja aber ein Magazin ist nicht nötig um einen Schuss abzufeuern, man könnte Sie ja einzeln laden. Korrekt, nur blöderweise ist auch das Griffstück nicht nötig um sie abzufeuern! Ist zwar alles andere als empfehlenswert und entspricht auch nicht (hier hätten wir's wieder) der Wesensbestimmung.

Die Unterscheidung zwischen Schusswaffe und wesentlichem Bestandteil ergibt Sinn, um explizit zu verhindern, dass sich trotz Waffenverbots/ohne Befugnis jemand von mehreren Überlassern (welche einzeln und ohne Kenntnis der versteckten Absicht des Erwerbers handeln) Stück für Stück alle Bestandteile einer Schusswaffe erwirbt! Registriert oder gemeldet müsste da auch nichts werden. Der Erwerber wäre der einzige der gegen das Gesetz verstoßen würde, wenn die Beitragstäterschaft der Überlasser nicht gegeben ist. Würde man die "wesentlichen Bestandteile" und alle damit verbundenen Regelungen aus dem Gesetz entfernen, dann hätten wir nämlich genau diese Situation.

Die Regelung, dass ein zum Besitz derartiger Schusswaffen Befugter mehr wesentliche Bestandteile besitzen darf und z.B. ein einzelner Wechsellauf im Sinne der Stückzahlbegrenzung nicht als eine ganze Waffe zählt, macht ebenso offensichtlich Sinn. Es gibt genug legitime Gründe mehrere Läufe, Verschlüsse, und/oder Griffstücke, usw. zu besitzen, auch solche die nicht zu einer konkret besessen Waffe passen. Handelt es sich in Summe um eine ganze Waffe, dann ist es eben (nur) ein legitimer Grund für eine Erweiterung!

Um deine anderen Argumente kurz aufzugreifen:
  • Der IPSC Schütze hat es weit leichter eine Erweiterung zu bekommen als der Neuling. "Das sind alles legitime Gründe, aber warum waren sie nicht erweitern?"
  • Der Vergleich der Haushaltschemikalien wäre auf CNC Fräse, Drehbank und Rohmaterialien anzuwenden. Wenn man schon einen Bombenvergleich aufziehen will, dann wäre das eher die fabriksneue Handgranate mit abgeschraubten und daneben gelagerten Zünder...
Der Vorwurf ich würde den Schützen einen Bärendienst erweisen? :wtf: Wenn, dann müsste man das schon jenen vorwerfen, welche allen erklärt haben sie dürften mit 2 Plätzen 6 Waffen besitzen! Etwas weniger Schaum vor dem Mund, weniger Vorwürfe und Unterstellungen wären dem Diskussionsklima hilfreich. Danke.

Es war und ist offensichtlich woher der Wind der Rechtssprechung bezüglich Waffengesetz weht und das seit Jahrzehnten durchaus konsistent! Die Argumentation, dass "Wechselsysteme" den Besitz von dreimal so viel zerlegten Waffen als genehmigt ermöglichen ist von einem neutralen (nicht Schützen/Händler/Hersteller) Standpunkt m.E. nur sehr, sehr schwer bis gar nicht vertretbar.

Konsequenzen eines Fehltritts kann es auch nur in eine Richtung geben: Bei Überschreitung des Genehmigungsumfangs!
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Re: Aktuelles Urteil zum Thema "Wechselsystem" - KEINE PANIK, HIER LESEN SIE WARUM!

Beitrag von diver99 »

Jetzt habe ich aber zum WS gar kein Griffstück? Was habe ich dann? Waffe oder WS?
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cas81
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Re: Aktuelles Urteil zum Thema "Wechselsystem" - KEINE PANIK, HIER LESEN SIE WARUM!

Beitrag von cas81 »

diver99 hat geschrieben: 6. September 2024, 10:29
cas81 hat geschrieben: 6. September 2024, 07:22
Man stelle sich vor, man hat keinen Platz frei und möchte sich auf die sichere Seite begeben, indem man die Amnestie in Anspruch nimmt. Dann ist man zwar nicht strafbar, aber die Behörde setzt womöglich an der Verlässlichkeit an.
Warum meinst du, dass die Behörde da an der Verlässlichkeit zweifelt? Ich geh mit meinem WS (natürlich ohne Griffstück) auf die BH und geb's als defekt ab. Glaubst du, dass da jemand viele Fragen stellt?
Angelehnt an den aktuellen Fall der IWÖ, siehe erstes mein Posting dazu. Reine Mutmaßung. Aber durchaus denkbar.
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wilhelmshoehe
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Re: Aktuelles Urteil zum Thema "Wechselsystem" - KEINE PANIK, HIER LESEN SIE WARUM!

Beitrag von wilhelmshoehe »

Ich sehe das so, am Beispiel einer Glock, weil die jeder kennt:
Besitzt du, unter dem was man landläufig als Wechselsystem versteht, in der Regel einen Lauf und einen Verschluss. Ob man das jetzt als ein oder zwei wesentliche Bestandteile im Sinne des Gesetzes zählt sei dahingestellt und in dem Fall auch nebensächlich, aber ohne passendem Griffstück mal keine Waffe.

Um es am Beispiel Glock weiterzuführen:
Du besitzt eine Glock 19 sowie einen dazu passenden Gewindelauf. Es ist vollkommen egal ob du den original nummerngleichen Lauf eingebaut hast oder den Gewindelauf. Ebenso ob du die zerlegt oder wie auch immer zusammengebaut im Tresor lagerst oder führst oder was auch immer, du besitzt immer nur 1 Waffe und 1 wesentlichen Bestandteil.

Verkaufst du die Waffe (egal mit welchen Lauf) besitzt du nur noch 1 wesentlichen Bestandteil, der keinen "Waffenplatz" mehr wegnimmt. (Das ist auch die wesentliche Änderung der Novelle zum Thema Wechselsysteme, neben dem regulären Ende der Zubehörbescheide).

Wenn du einen zweiten Verschluss kaufst und den z.B. wegen der besseren Funktionsweise mit Kompensator modifizieren lässt, dann besitzt du noch immer nur 1 Waffe aber nun 1 Lauf sowie 1 Verschluss (also je nach Zählweise 1 oder 2 wesentliche Bestandteile).

Kaufst du jetzt ein passendes Griffstück dazu und "komplettierst" dadurch eine zweite 19er, ab dann hast du zwei Waffen (und keine "zählenden" wesentlichen Bestandteile), bis du davon wieder etwas relevantes abstößt (verkaufst/abgibst/zerstörst), sodass keine "komplette" Waffe mehr besteht, oder du einen neuen wesentlichen Bestandteil erwirbst.

Solange du jeden Erwerb und jede Überlassung ordnungsgemäß der Behörde meldest, kann dir, überspitzt gesagt, egal sein wie die Behörde das im ZWR abbildet.
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Re: Aktuelles Urteil zum Thema "Wechselsystem" - KEINE PANIK, HIER LESEN SIE WARUM!

Beitrag von Schießsportler »

Erst einmal danke cas81 für deinen wie ich finde sehr konstruktiven Beitrag. Dann sind ja zumindest wir uns einig, dass ich nicht einfach blind - ausgehend von objektiven Umständen - die subjektive Seite überspringen kann und sofort am Ziel bin.

Ob das Waffenrecht (im verwaltungsrechtlichen Teil) jetzt streng oder nicht streng auszulegen ist, lasse ich einmal dahingestellt. Wir reden hier aber konkret von einer Strafbestimmung im WaffG, dem § 50, und im gerichtlichen Strafrecht darfst du bekanntlich genau das strenge Auslegen nicht (in dubio pro reo auch bei rechtlichen Unschärfen).
cas81 hat geschrieben: 6. September 2024, 07:17 Ansonsten schafft das WaffG die Möglichkeit, sich faktisch drei mal so viele Waffen zusammenzustecken und folglich spätestens dann zu besitzen, wie man besitzen darf. Die Stückzahlbeschränkung hingegen möchte verhindern, das jemand mehr Waffen als die bewilligte Anzahl besitzt.
Und das stimmt halt so nicht bzw. ist zumindest unscharf formuliert. Das WaffG schafft nicht die Möglichkeit, sich über Wechselsysteme mehr Waffen zusammenzusetzen, als WBK und WP hergeben. Das Zusammensetzen (außerhalb von z.B. Schießstätten) ist bei drohender Stückzahlüberschreitung unstrittig verboten und behauptet auch niemand Vernünftiger, das so zu handhaben. Die theoretische Möglichkeit es zu tun, ist etwas vollkommen anderes. Und bei deiner Auslegung blendest du den Schutzzweck der Stückzahlbeschränkung vollkommen aus. Die hat nämlich zwei Stoßrichtungen:
1. es soll nicht eine Person unkontrolliert A und B-Waffen anhäufen, um dann z.B. eine Miliz oder dergleichen auszurüsten (wohl auch mit dem § 280 StGB, Anhäufen von Kampfmitteln, im Hinterkopf);
2. es sollen nicht unkontrolliert viele A und B-Waffen in Haushalten sein, da diese bei Einbrüchen, Raubüberfällen oder dergleichen in die Hände von Kriminellen gelangen könnten (in diese Richtung geht z.B. auch der § 41 Abs 1 WaffG).

Im Wissen dieses Schutzzwecks hat der Gesetzgeber ausdrücklich die Möglichkeit des § 23 Abs 3 WaffG geschaffen, also bewusst in Kauf genommen, dass damit mehr/einfacher wesentliche Teile von Waffen erworben werden können und dadurch in Umlauf kommen. Wenn ich mir jetzt dann noch den Schutzzweck durchdenke, bringt es aber keinerlei Sicherheitsmehrgewinn, wenn ich nun plötzlich (ohne dafür im Gesetz eine Deckung zu finden) ausgerechnet bei den unreglementierten (unwesentlichen) Teilen ansetze und sage, du darfst zwar vom Gesetzgeber aus die schwerer zu beschaffenden wesentlichen Waffenteile besitzen, aber wehe du holst dir ergänzend die Teile, die jeder vollkommen frei kaufen darf (Griffstücke/Lower).
Weil was macht der Einbrecher, der ein Pistolen-Wechselsystem erbeutet hat? Er geht ins nächste Geschäft oder - noch einfacher - bestellt sich im Internet ein Griffstück. Sinngemäß gleiches gilt für den Staatsleugner, der jetzt seine Miliz ausrüsten möchte, weil der den großen Staatsstreich plant. Er holt sich zu seinen 4 AR15-Uppern einfach vollkommen frei 4 AR15-Lower dazu. Es gibt dann also für diese kriminellen Personen keinerlei weitere rechtliche und auch praktische Hürden, komplette Waffen zu schaffen. Die Argumentation, dass gerade die Stückzahlbeschränkung es bedingt, nicht auch gleichzeitig (unreglementierte) Griffstücke zu besitzen, geht damit meiner Meinung nach komplett ins Leere. Und hier hat mir bisher auch noch niemand einen anderen triftigen Grund nennen können, obwohl ich wirklich viel mit Experten diskutiert und gelesen habe.

und Wilhelmshoehe: Bärendienst ist nicht persönlich gemeint, aber im Ergebnis stellt es meiner Meinung nach einen solchen dar, wenn man als LWB die strengst mögliche Position vertritt, wobei man ja selbst einräumen muss, dass es eben so eindeutig (und vor allem ausjudiziert) noch nicht ist. Du schreibst ja weiters, dass deiner Ansicht nach „offensichtlich ist, woher der Wind der Rechtsprechung bezüglich Waffengesetz weht“. Ist es dann wirklich klug, alles, wozu es nicht eine ganz eindeutige Judikatur gibt, im vorauseilenden Gehorsam freiwillig aufzugeben? Weil wenn man sich damit anfängt, wird es garantiert nicht besser, zumindest so viel steht fest. (Stichwort: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben)
Und ja, ich bin ganz bei dir, auch am anderen Ende des Spektrums der Waffenbesitzer gibt es Leute, die einen Bärendienst erweisen. Es bringt nämlich ebenso wenig, alles bis in die letzte Grauzone hinein auszureizen und dann dadurch Verschärfungen für alle zu provozieren. Aber so etwas (implizit) allen Wechselsystembesitzern, die - aus welchen Gründen auch immer - passende Griffstücke/Lower haben, zu unterstellen, ist ein kurzsichtiges Schwarz-Weiß-Denken.
wilhelmshoehe hat geschrieben: 6. September 2024, 12:19 Kaufst du jetzt ein passendes Griffstück dazu und "komplettierst" dadurch eine zweite 19er, ab dann hast du zwei Waffen (und keine "zählenden" wesentlichen Bestandteile)...
Schau und einfach hier liegt unsere unterschiedliche Rechtsansicht begraben. Du sagst, du hast damit automatisch eine Schusswaffe. Ich sage, ich habe damit wesentliche Teile und ein Griffstück, solange ich nicht zusammenbaue. Du hast als stärkstes Argument sicherlich die jüngst gedrehte Rechtsansicht des BMI (wobei auch diese nur vom gemeinsamen Verkauf spricht), ich sehe es halt als systemwidrig an, dass das (rechtliche) „Entstehen“ einer Schusswaffe ausgerechnet an die Besitzerlangung eines unwesentlichen Teils geknüpft sein soll. Mir ist Stand heute kein einziges (verwaltungs)gerichtliches Urteil bekannt, dass deine oder meine Rechtsansicht bestätigt oder widerlegt. Von meiner Seite aus können wir es dabei also einstweilen belassen, bis es tatsächlich neue Anhaltspunkte gibt.

Und zum Schluss noch was versöhnliches: Ich bin auch ganz bei dir mit dem Erweitern. Wann immer sich die Gelegenheit bietet, also die Chance nutzen, Plätze kann man immer brauchen, egal wie man zu Wechselsystemen steht. Also z.B. prüfen wann zuletzt erweitert wurde, vielleicht sind die 5 Jahre iSd § 23 Abs 2 bzw. 2b WaffG ja schon wieder einmal vergangen!
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Re: Aktuelles Urteil zum Thema "Wechselsystem" - KEINE PANIK, HIER LESEN SIE WARUM!

Beitrag von cas81 »

Die Möglichkeit schafft es sehrwohl, bei gleichzeitigem Verbot. Dass die reine Möglichkeit des Zugriffes durch Unberechtigte genügt, ist auch bekannt. Umgelegt auf die Waffeneigenschaft greift diesfalls der Grundsatz "keine Strafe ohne Schuld" gerade nicht, wenn eben doch eine Waffe vorliegt. Es hängt am Waffenbegriff. Daran wird angesetzt, nicht an freien Teilen. Die Gesamtheit bildet die Wirklichkeit ab und diese ist eine Maxime, entsprechend wird gemeldet und nicht umgekehrt. Das werden wir aber hier nicht klären und ich folge (leider, anders wäre es mir lieber) der strengstmöglichen Auslegung. Weil:

"In dubio pro reo" erfasst primär die subjektive Tatseite und die Schuld. Sobald ein Verwaltungsgericht den Waffenbegriff bejaht, wird es objektiv eng, auch vor einem ordentlichen Gericht. Und was spätestens die Schuld betrifft, sind wir uns eh einig. Allerdings muss es dafür schon sehr weit gekommen sein und der Beschuldigte muss sich auch richtig verhalten. Unter diesem Gesichtspunkt schwingt die Türe mit dem "Bärendienst" in beide Richtungen.

NmE gehören vorerst etwaige Anlassfälle unter diesen Voraussetzungen wegen Geringfügigkeit eingestellt. Alles andere wäre eine Hexenjagd.

Da wir es nicht klären können, führt die Diskussion eigentlich zu nichts. Ich halte es lediglich für wichtig, dass das Bewusstsein hinsichtlich der Präsenz eines - nun offiziell - vorhandenen Damoklesschwertes endlich einsickert und die Leute beginnen, ihre Handlungen, wozu auch Äußerungen im Internet gehören, entsprechend anzupassen. Das ist nichts Böses, im Gegenteil. Es kommt aber fast nur Trotz zurück. Sinnlos.
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